Pressemitteilung

Zweiter Bürgerentscheid in zwei Monaten gescheitert: Mehr Demokratie kritisiert Regeln für Abstimmungen in Viersen

Automatische Zusendung der Briefwahlunterlagen hätte laut Fachverband die Beteiligung erhöht
Bei einem heute (15.08.) zu Ende gegangenen Bürgerentscheid in Viersen war die Beteiligung mit rund 7,2 Prozent außergewöhnlich niedrig. Auch bei dem letzten Bürgerentscheid in Viersen, der rund zwei Monate zuvor endete, lag die Beteiligung mit 8,2 Prozent nur unwesentlich höher. Der Fachverband Mehr Demokratie hatte die Stadt Viersen im Vorfeld der Abstimmungen aufgefordert, die Abstimmungsunterlagen automatisch an alle Wahlberechtigten zu versenden, um so die Beteiligung zu erhöhen. „Zwei Bürgerentscheide scheitern innerhalb von nur zwei Monaten an zu niedriger Beteiligung. Spätestens jetzt sollte die Stadt Viersen Maßnahmen ergreifen, um eine höhere Beteiligung zu ermöglichen. Ein gutes Mittel dafür ist in Zukunft die automatische Zusendung der Abstimmungsunterlagen!“, so Achim Wölfel, NRW-Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie.

Der Viersener Bürgerentscheid geht auf ein erfolgreiches Bürgerbegehen zurück. Im September 2022 hatte der Viersener Stadtrat gegen eine Verlängerung des Primus-Schulversuches gestimmt. Eine Initiative sammelte daraufhin mehr als 6.000 Unterschriften, damit die Bürger über die Verlängerung abstimmen können. Bei einer Abstimmungsbeteiligung von 7,2 Prozent stimmten 59 Prozent der Abstimmenden im Sinne der Initiative für eine Verlängerung des Primus-Schulversuchs. Damit scheiterte der Bürgerentscheid trotz einer Mehrheit von 59 Prozent „Ja“-Stimmen am sogenannten Zustimmungsquorum. Dieses besagt, dass zusätzlich zur einfachen Mehrheit in Viersen auch 15 Prozent der Abstimmungsberechtigten für einen Bürgerentscheid stimmen müssen, damit dieser gültig ist.

Mehr Demokratie hatte bei beiden zuletzt durchgeführten Bürgerentscheiden in Viersen kritisiert, dass die Abstimmung zwar eine reine Briefabstimmung war, die Abstimmungsunterlagen aber erst noch beantragt werden mussten. „Die Beteiligung an Abstimmungen sollte für die Bürgerinnen und Bürger so einfach wie möglich sein. Müssen die Unterlagen für die Abstimmung erst noch beantragt werden, stellt das eine zusätzliche Hürde dar. Diese Hürde ist mit dafür verantwortlich, dass auch der zweite Bürgerentscheid in Viersen gescheitert ist“, so Wölfel. Immer mehr Kommunen in NRW setzen inzwischen auf die automatische Briefabstimmung. Fast die Hälfte aller Bürgerentscheide in NRW scheitern am Zustimmungsquorum. Damit ist NRW deutschlandweit das Land mit den meisten sogenannten „unecht gescheiterten“ Bürgerentscheiden. Mehr Demokratie fordert die Abschaffung des Zustimmungsquorums. „Am Ende setzen sich durch das Zustimmungsquorum die durch, die einer Abstimmung fernbleiben. Das ist den Bürgerinnen und Bürgern nur schwer zu vermitteln und bremst demokratisches Engagement regelmäßig aus“, so Wölfel weiter.

Hintergrund
Der Bürgerentscheid in Viersen war bereits der siebte Bürgerentscheid im Jahr 2023. In Engelskirchen, Erkrath, Issum, Siegen, Herten, Viersen und Welver fanden in der ersten Jahreshälfte bereits Bürgerentscheide statt. Auch in Nümbrecht wurde abgestimmt, das Ergebnis wurde nachträglich allerdings aus anderen Gründen als Bürgerbefragung gewertet. Die Bürger in Engelskirchen, Siegen, Herten und Welver haben alle Abstimmungsunterlagen automatisch zugeschickt bekommen, die Beteiligung lag zwischen 34 und 47 Prozent, in Nümbrecht bei gleicher Regelung sogar bei 56 Prozent. Die Bürgerentscheide in Issum, Erkrath und Viersen hatten keine automatische Briefabstimmung und sind trotz klarer Mehrheiten am Zustimmungsquorum gescheitert.

Weiterführende Informationen:

  1. Pressemitteilung: Halbjahresbilanz Bürgerbegehren in NRW: Weiterhin außergewöhnlich viele Bürgerentscheide
  2. Pressemitteilung: Niedrige Beteiligung bei Bürgerentscheid in Viersen: Mehr Demokratie kritisiert Abstimmungsregeln

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