Ergebnisse der Kandidierenden-Befragung: Einstimmig Ja für ein Lobbyregister auf Landesebene!

Vor kurzem haben wir unsere Wahlprüfsteine verschickt und nun sind die Ergebnisse sind da! Wenn sich auch nicht alle Kandidierenden zurückgemeldet haben, haben wir doch einen guten Überblick über die Haltungen der Parteien und ihrer Kandidierenden. Entlang unseres Aufrufs „Mitmachen möglich machen!“ haben wir sieben Fragen zu den Themen direkte Demokratie, Bürgerbeteiligung und Transparenz an die Kandidierenden verfasst. Die Antworten der Kandidierenden liegen jetzt vor – und sind für uns nicht nur eine Entscheidungshilfe für die Wahlkabine, sondern viel mehr auch ein Wählergedächtnis. Nach der Wahl werden wir die Kandidierenden an ihre Antworten erinnern!

Die sieben Wahlprüfsteine, die wir den Kandidierenden geschickt haben, lauten:

  1. Sind Sie dafür, Themenausschlüsse bei Bürgerbegehren zu streichen?
  2. Sind Sie für eine Streichung des Zustimmungsquorums bei Bürgerentscheiden?
  3. Sind Sie für eine Reduzierung der Unterschriftenhürde bei Volksbegehren auf 2 Prozent?
  4. Sind Sie für eine Abschaffung des Finanztabus bei Volksbegehren?
  5. Werden Sie sich im Landtag für die Durchführung von landesweiten, gelosten Bürgerräten zu wichtigen Themen einsetzen?
  6. Sind Sie für die Einführung eines Transparenzgesetzes nach Hamburger Vorbild?
  7. Sind Sie für die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters samt legislativem Fußabdruck?

Eine detaillierte Auflistung der Antworten der Kandidierenden finden Sie hier. Eine Übersicht über ausführliche Antworten von Parteien und einzelnen Kandidierenden finden Sie hier.

Direkte Demokratie in Nordrhein-Westfalen stärken

Den Anfang macht die direkte Demokratie. In NRW gibt es jedes Jahr viele direktdemokratische Initiativen, die meisten finden auf kommunaler und nicht auf Landesebene statt. Während es also jedes Jahr einige Bürgerbegehren gibt, findet die direkte Demokratie auf Landesebene in Form von Volksbegehren und Volksentscheiden quasi gar nicht statt. Der Grund dafür sind denkbar schlecht ausgestaltete Hürden. Wir wollen, dass NRW zum Mitmachland wird und die Regelungen der direkten Demokratie bürgerfreundlicher gestaltet werden. Daher haben wir den Kandidierenden in diesem Bereich gleich mehrere Fragen gestellt.

Die erste Frage bezieht sich auf die Themenausschlüsse bei Bürgerbegehren. In NRW gibt es einige Themen, zu denen keine Bürgerbegehren eingeleitet werden dürfen. Das wollen wir ändern und fordern daher, dass Themenausschlüsse bei Bürgerbegehren gestrichen werden!

Zu dieser Frage zeigt sich große Zustimmung unter den befragten Parteien! Bis auf die SPD und FDP sprechen sich alle mehrheitlich für eine Streichung der Themenausschlüsse aus. SPD und FDP sind unentschlossen und haben sich mehrheitlich mit „Vielleicht“ geantwortet. Die SPD begründet ihre Haltung damit, dass sie die Themenausschlüsse erstmal prüfen wollen. Obwohl die CDU die Frage mit „Ja“ beantwortet hat, argumentiert sich ähnlich wie die SPD für eine Überprüfung der Themenausschlüsse.

Die zweite Frage zum Thema direkte Demokratie bezieht sich auf das Zustimmungsquorum bei Bürgerentscheiden. Dieses sorgt regelmäßig für Frustration, da es besagt, dass ein Bürgerentscheid nur gültig ist, wenn zusätzlich zur Mehrheit auch eine bestimmte Anzahl an Menschen für einen Bürgerentscheid stimmt. Dadurch scheitern immer wieder Bürgerentscheide „unecht“ trotz klarer Mehrheiten. Wir wollen das Zustimmungsquorum abschaffen.

Ebenfalls für eine Abschaffung des Zustimmungsquorums sprechen sich die Linke, die Piraten und die Freien Wähler aus. Die meisten Kandidierenden der Grünen und die ÖDP haben mit „vielleicht“ geantwortet, die Kandidierenden von CDU, SPD, FDP, Volt und Die Partei sprechen sich mehrheitlich dagegen aus.

Die Fragen drei und vier beziehen sich auf die direkte Demokratie auf Landesebene – also auf Volksbegehren und Volksentscheid. Zunächst wollten wir wissen, ob sich die Kandidierenden für eine Reduzierung der Unterschriftenhürde auf 2 Prozent aussprechen. Diese liegt in NRW aktuell bei acht Prozent der Stimmberechtigten, die innerhalb eines Jahres unterschreiben müssen. Absolut gesehen sind das knapp 1,1 Millionen NRW-Bürger – eine Hürde an der Volksbegehren immer wieder scheitern.

Der Großteil der befragten Parteien spricht sich für eine Absenkung der Unterschriftenhürde bei Volksbegehren aus. Konkret sind das die Grünen, die Linke, Volt, Die Partei, die Piraten, die ÖDP und die Freien Wähler. Während CDU und SPD mit „Vielleicht“ geantwortet haben stimmten die Kandidierenden der FDP mehrheitlich mit „Nein“. CDU und SPD zeigen aber beide Offenheit, die aktuelle Unterschriftenhürde zu prüfen, wie es auch die Enquete-Kommission „Subsidiarität und Partizipation“ empfohlen hat.

Abschließend zum Thema direkte Demokratie haben wir die Kandidierenden gefragt, ob sie für die Abschaffung des Finanztabus bei Volksbegehren sind. In Nordrhein-Westfalen sind Volksentscheide zu Fragen, die den Landeshaushalt berühren, ausgeschlossen. Je nach Auslegung betrifft das nahezu alle Volksbegehren!

Hier spricht sich nur die CDU ganz eindeutig gegen eine Abschaffung des Finanztabus aus. Während sich die Grünen, die Linke, die Piraten und die Freien Wähler mehrheitlich für eine Abschaffung dieser Hürde aussprechen, antworteten die Kandidierenden von SPD, FDP, Volt, Die Partei und die ÖDP mehrheitlich mit „Vielleicht“. 

Mehr Bürgerbeteiligung durch zufällig geloste Bürgerräte

Das Instrument der zufällig gelosten Bürgerräte erfährt immer mehr Aufmerksamkeit. Erst vor wenigen Tagen hat sich der Ältestenrat des Bundestages entschieden, dass Bürgerräte noch in diesem Jahr auf Bundesebene eingeführt werden sollen. Wir haben die Kandidierenden gefragt, ob sie sich für die Durchführung von landesweiten, gelosten Bürgerräten zu wichtigen Themen einsetzen werden. Diese Bürgerräte sollen einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden und die Abgeordneten zu wichtigen Fragen beraten.

Für die Einführung von Bürgerräten einsetzen wollen sich die SPD, die Grünen, die FDP, die Linke, Volt, die Partei, und die ÖDP. Die Kandidierenden der Piraten sprechen sich nicht mehrheitlich für eine Position aus, sondern schwanken zwischen „Ja“ und „Vielleicht“. Die CDU spricht sich gegen Bürgerräte aus, von den Freien Wähler liegt uns keine einheitliche Antwort vor.

Mehr Politik auf Augenhöhe – durch mehr Transparenz im politischen Betrieb!

Angelehnt an unserem Aufruf „Mitmachen möglich machen“ beziehen sich unsere beiden letzten Fragen auf das Thema Transparenz und Lobbykontrolle.

Zunächst wollten wir wissen, ob sich die Kandidierenden für die Einführung einesTransparenzgesetzes nach Hamburger Vorbild aussprechen. Nordrhein-Westfalen hat, wie elf andere Bundesländer, ein Informationsfreiheitsgesetz. Dieses wollen wir zu einem Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild weiterentwickeln. Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern Informationen einfacher und kostenfrei zugänglich zu machen.

Fast alle befragten Parteien sprechen sich für ein solches Transparenzgesetz aus, nur CDU und SPD geben als Antwort „Vielleicht“ an. Die CDU begründet ihr Zögern damit, dass zwischen dem Interesse der Bürgerinnen und Bürger und der Leistungsfähigkeit der Verwaltung abgewogen werden müsse. Die SPD argumentiert stattdessen damit, dass zunächst geprüft werden müsse, ob das Hamburger Transparenzgesetz als Vorbild für NRW dienen könne.

Unsere letzte Frage bezieht sich auf die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters samt legislativem Fußabdruck.

Wir sind begeistert – alle Parteien haben sich ausnahmslos mehrheitlich dafür ausgesprochen! Damit ist klar: Nach der Wahl muss das Lobbyregister in NRW endlich kommen!

Unser Fazit

Die Auswertung der Wahlprüfsteine ergibt, dass vor allem in den Bereichen Transparenz und Lobbykontrolle große Einigkeit zwischen den Parteien herrscht. Das ist eine gute Grundlage für diesbezügliche Reformen nach der Wahl! Mindestens das Lobbyregister muss nach der Wahl direkt eingeführt werden. Dafür werden wir uns einsetzen und die Parteien nach der Wahl an ihre Versprechen erinnern.

Beim Thema Bürgerräte herrscht ebenfalls größtenteils Einigkeit, auch wenn sich die CDU hier gegen eine Einführung ausspricht. Bei unserer Veranstaltung zum Thema Bürgerräte in NRW sprachen sich die teilnehmenden Abgeordneten mehrheitlich für die Einführung von Bürgerräten aus und auch die CDU stand dem Thema offen gegenüber.

Die Bilanz unserer Wahlprüfsteine zum Thema direkte Demokratie fällt hingegen gemischter aus. Während die Linken, die Piraten und die Freien Wähler bei allen vier Fragen unsere Forderungen von Mehr Demokratie teilen, fallen die Antworten der anderen Parteien zu den vier Fragen unterschiedlich aus. Besonders zu der Frage zur Streichung des Zustimmungsquorums bei Bürgerentscheiden und zur Abschaffung des Finanztabus bei Volksbegehren zeichnet sich ein eher gespaltenes Bild ab. Da sich zumindest bei der Streichung der Themenausschlüsse niemand mit „Nein“ ausgesprochen hat, gibt es hier die Chance, den Negativ-Katalog an Themenausschlüssen deutlich zu reduzieren.