Bürgerentscheide für den Papierkorb

Fünfmal haben Wähler in NRW von Anfang bis Mitte des Jahres 2016 bei Bürgerentscheiden ihre Stimme abgegeben, fünfmal war es umsonst. Alle abgestimmten Bürgerbegehren erreichten zwar eine Abstimmungsmehrheit, jedoch nicht die vorgeschriebene Mindestzustimmung von je nach Gemeindegröße zehn bis 20 Prozent aller Stimmberechtigten.

 

Ins Leere lief ein Bürgerbegehren für den Erhalt von Grundschulen in Espelkamp ebenso wie ein ähnliches Begehren in Heinsberg, eine Initiative zur Weiterführung eines Freizeittreffs in Gladbeck, gegen zwei Standorte für Flüchtlingsunterkünfte in Sprockhövel und für den Erhalt von Ahornbäumen auf dem Willicher Marktplatz.

Bürgerbegehren in NRW

Jahr nicht einge- reicht/ zurück- gezogen / versandet unzu- lässig vom Rat über- nommen Kom- pro- miss läuft noch zum Bürger- entscheid führten Gesamt
1994 - 2014 106 253 109 18   191 677
1. Halbj. 2015 4 3 5       12
2. Halbj. 2015 2 3 2     5 12
1. Halbj. 2016 3 6 2   12 5 28
Gesamt 115 265 118 18 12 201 729
Stand: 30.06.2016              

Die Bürgerbegehren hatten bei den Abstimmungen in diesen Orten teilweise mit erschwerten Bedingungen zu kämpfen. So gab es in Espelkamp nur ein Abstimmungslokal im Rathaus. Wer per Brief abstimmen wollte, musste die Unterlagen umständlich anfordern. Gar keine Abstimmungsurne gab es beim Baum-Bürgerentscheid in Willich. In Sprockhövel hat man beim Bürgerentscheid einfach mal früher Schluss gemacht. Die Abstimmungslokale wurden bereits um 17 Uhr geschlossen, statt wie sonst üblich um 18 Uhr. Gleichzeitig war die Zahl der Abstimmungslokale gegenüber der bei Wahlen reduziert. In Heinsberg hatte sich die „Interessengemeinschaft Schulretter“ die Abstimmungslokale erst erkämpfen müssen.

 

Diese Praxis-Beispiele zeigen, dass Abstimmungshürden zu schlechten Abstimmungsverfahren führen, weil man bemüht ist die Beteiligung niedrig zu halten, damit Bürgerbegehren das notwendige Quorum nicht erreichen. Oder Verwaltungen sind gar nicht böswillig, aber um Einsparungen bemüht. Bei der Demokratie spart man aber an der falschen Stelle.

(Rats-)Bürgerentscheide in NRW

Jahr Abstimmungsvorlage angenommen Abstimmungs- vorlage abgelehnt (Rats-)Bürger- entscheid ungültig Gesamt
1994 - 2014 73 38 96 207
1. Halbj. 2015   1   1
2. Halbj. 2015 2 4 3 9
1. Halbj. 2016   0 5 5
Gesamt 75 43 99 222
Stand: 30.06.2016        

Nicht per Bürgerentscheid, sondern durch Übernahme ihrer Anliegen durch die jeweiligen Stadträte waren Bürgerbegehren in Düren (gegen eine Car Sharing-Station auf der Weierstraße) und Wesel (für den Erhalt des Bislichbades) erfolgreich. Auf diesem Weg gelangten mehr Bürgerbegehren zum Erfolg als per Bürgerentscheid. Während es bei Bürgerentscheiden 73 Erfolge zu vermelden gab, schlossen sich in 118 Fällen Räte den ihnen vorgelegten Bürgerbegehren an.

 

Von 16 abgeschlossenen Bürgerbegehren wurden sechs für unzulässig erklärt und drei erst gar nicht eingereicht. Hauptgrund ist die fehlende Vorprüfung von direkt-demokratischen Initiativen vor Ort, durch die formale oder inhaltliche Fehler auf den Unterschriftenlisten nicht rechtzeitig bemerkt und korrigiert werden. Initiativen in Steinhagen und Werdohl konnten einen zweiten Anlauf starten, für die anderen Begehren waren die einzuhaltenden Fristen bereits abgelaufen.

 

Fünf Quorumsopfer und neun unzulässige oder gar nicht erst eingereichte Initiativen - das ist eine schlechte Bilanz für die direkte Demokratie vor Ort. Mehr Demokratie wird weiter Verbesserungen einfordern.

 

Alle Bürgerbegehren und Bürgerentscheide aus dem Jahr 2016 finden Sie in unserer Übersicht

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