Pressemitteilung

Wissenschaftler fordert Bürgerentscheid-Reform

Verwaltungsrechtsexperte Harald Hofmann hält Hürden für zu hoch

Der Kölner Verwaltungsrechtler Professor Dr. Harald Hofmann fordert eine Reform der Regeln für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in NRW. Der Demokratie-Experte sieht Mängel vor allem bei der Entscheidung über die Zulässigkeit von Bürgerbegehren sowie beim Ratsbürgerentscheid.

 

Ein Hauptproblem ist für Hofmann die Frage, wer über die Zulässigkeit von Bürgerbegehren entscheidet. Dies sind derzeit die Räte. "In der Praxis sind die Räte ihrer Pflicht zur unbefangenen Zulässigkeitsentscheidung strukturell aber nicht gewachsen, weil sie gleichzeitig die politische Entscheidung über ein Bürgerbegehren zu treffen haben", kritisiert Hofmann. Deshalb schlägt er vor, dass künftig die Kommunalaufsichtsbehörden als neutrale Behörden anstelle der Räte entscheiden. "Eine solche Regelung würde Zweifel an der Unbefangenheit der Zulässigkeitsentscheidung verringern", argumentiert der Wissenschaftler. Die Räte müssten nicht mehr über eine Rechtsfrage befinden, die mittelbar ihre eigene vorherige Tätigkeit oder Untätigkeit betreffe.

 

Für die Initiatoren von Bürgerbegehren schlägt der Verwaltungsrechtler Erleichterungen bei der Formulierung ihrer Unterschriftenliste vor. Begründung und Kostendeckungsvorschlag eines Begehrens sollen nicht mehr Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung sein. Ein Kostendeckungsvorschlag ist dann notwendig, wenn ein Bürgerbegehren im Erfolgsfall erhöhte Kosten oder Einnahmeausfälle zur Folge hätte. Wegen häufiger Uneinigkeit über die tatsächlichen Folgekosten eines Begehrens ist der Kostendeckungsvorschlag häufigster Unzulässigkeitsgrund für Bürgerbegehren in NRW.

 

Kritikwürdig ist für Hofmann auch das Verfahren des 2007 in NRW eingeführten "Ratsbürgerentscheids". "Es ist beispielsweise ungeklärt, was gelten soll, wenn der Rat bei laufender Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren zusätzlich die Durchführung eines gegenläufigen 'Konkurrenzentscheids' beschließt", bemängelt er. Dies komme etwa in Bayern durchaus häufiger vor, wo bei Mehrheiten für konkurrierende Abstimmungsvorlagen der Sieger durch eine Stichfrage ermittelt wird. Diese ist bei Bürgerentscheiden in NRW nicht vorgesehen.

 

Die Initiative "Mehr Demokratie" hat die Vorschläge des Verwaltungsrechtlers begrüßt. "Professor Hofmann benennt einige gravierende Probleme und macht einfach umsetzbare Lösungsvorschläge", kommentierte Landesgeschäftsführer Alexander Slonka.

 

Die Reformvorschläge des Kommunalwissenschaftlers sind Ergebnis eines mit Landesmitteln geförderten Forschungsprojekt zur Rechtspraxis der Bürgerbegehren in NRW. Die Untersuchung basiert auf 458 erfassten Verfahren.

 

<link interview-hofmann>Interview: "Bürgerbegehren haben sich bewährt"

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