Pressemitteilung

Demokratieverbot kippt Bürgerbegehren

Initiative für Senioren-Wohngemeinschaften in Kürten unzulässig

Erneut ist in Nordrhein-Westfalen ein Bürgerbegehren dem umfangreichen Themenausschlusskatalog für die direkte Demokratie zum Opfer gefallen. Der Rat der Gemeinde Kürten hat am Mittwoch ein Bürgerbegehren für die Einrichtung von dezentralen Wohn- und Pflegeeinrichtungen für unzulässig erklärt. Begründet wird der Beschluss damit, dass das Begehren einen im Sommer aufgestellten Bebauungsplan unterlaufe. Bürgerbegehren hierzu schließt die Gemeindeordnung aber aus. „Diese Begründung ist fragwürdig, auf jeden Fall ist das Verbot von Bürgerbegehren zu Stadtentwicklungsfragen aber ein höchst überflüssiges Demokratie-Hindernis“, kommentierte Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer der Initiative „Mehr Demokratie“, die Ratsentscheidung. Der Verein fordert die Streichung derartiger Themenausschlüsse für Bürgerbegehren aus der Gemeindeordnung.

 

Das Bürgerbegehren hatte die Umsetzung eines Konzepts gefordert, das die Bürgeragentur Kürten im Auftrag des Rates entwickelt hatte. Auf der Basis des Leitbildes Kürten 2020 hatte die Agentur 2009 „Empfehlungen zur Struktur und Standortverteilung von altersgerechten Wohn- und Pflegeeinrichtungen in der Gemeinde Kürten“ vorgelegt, die vom Rat zustimmend zur Kenntnis genommen worden waren. Die Bürgeragentur hatte kleine Wohn- und Pflegeeinrichtungen für Senioren in den Kirchdörfern der Gemeinde vorgeschlagen und dazu geraten, bis 2025 auf den Bau einer neuen, großen Pflegeeinrichtung zu verzichten.

 

Kurz darauf hat der Rat dieses Konzept mehrheitlich aufgegeben. In Bechen-Unterfeld soll nun eine Pflegeeinrichtung mit 80 Plätzen für Demenzkranke und 15 Tagespflegeplätze entstehen lassen. Die Interessengemeinschaft Bechen hatte deshalb ein Bürgerbegehren gestartet. Es bestehe die Gefahr, dass in Bechen ein „Spezial-Pflegeheim für Demenzkranke“ geschaffen werde, das auf einen kreisweiten Bedarf abziele, so dessen Initiatoren. In Bechen und den übrigen Kirchdörfern entstünden damit keine von der Bürgeragentur favorisierten wohnortnahen Einrichtungen für die Kürtener Bürger mehr. Mehr als 2.000 Kürtener hatten das Bürgerbegehren unterschrieben.

 

Laut einem von der Kanzlei Lenz und Johlen im Auftrag der Stadt Kürten formulierten Rechtsgutachten ist das Bürgerbegehren unzulässig. Es verstoße gegen die Gemeindeordnung, weil es den im Juli vom Rat gefassten Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Bechen-Unterfeld berühre. Ein Bürgerbegehren dürfe sich aber nicht unmittelbar gegen einen Bauleitplan richten. Auch die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei fehlerhaft, weil sie inhaltlich nicht auf eine einem Ratsbeschluss entsprechende und vollziehbare Entscheidung ausgelegt sei, sondern nur ein „Konzept“ beschlossen werden sollte. Solche Grundsatzbeschlüsse, die selbst keine abschließende Entscheidung zum Gegenstand hätten, seien aber unzulässig.

 

Die Kanzlei Dr. Obst & Hotstegs kommt in einem im Auftrag der Initiatoren des Bürgerbegehrens erstellten Gutachten hingegen zu dem Schluss, dass das Bürgerbegehren zulässig ist. Es enthalte weder eine unzulässige Fragestellung, noch berühre es einen der gesetzlichen Ausschlusstatbestände. Nach dem Text des Bürgerbegehrens solle darüber entschieden werden, ob das Konzept der Bürgeragentur übernommen und umgesetzt wird. Es sei also keine Entscheidung über eine Bauleitplanung beantragt. Die Initiatioren des Bürgerbegehrens wollen gegen die Ratsentscheidung jetzt Klage erheben.

 

Mehr Informationen:

<link>Bürgerbegehren für Senioren-Wohngemeinschaften in Kürten

<link>Themenausschlüsse - Begehren verboten

Pressesprecher


Jens Mindermann
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