Pressemitteilung

Bürgerentscheid über umstrittene Straßennamen

Wähler in Essen-Rüttenscheid stimmen am Sonntag ab

Zum zweiten Mal binnen eines Jahres sind in NRW umstrittene Straßennamen Thema eines Bürgerentscheids. Nachdem im vergangenen Jahr die Wähler in Münster für die Umbenennung des Hindenburgplatzes votiert hatten, entscheiden am Sonntag die Bürger im Essener Stadtbezirk II darüber, ob die Von-Seeckt- und Von-Einem-Straße ihre Namen behalten oder in Irmgard- und Ortrudstraße umbenannt werden. Die Bezirksvertretung hatte die Umbenennung im Mai vergangenen Jahres beschlossen, die Anwohnerinitiative „ProVon“ hatte gegen diesen Beschluss ein Bürgerbegehren eingereicht.

 

Die Straßennamen Irmgard- und Ortrudstraße im Mädchenviertel im Stadtteil Rüttenscheid waren 1906 erstmals vergeben worden. Unter der Herrschaft des nationalsozialistischen Bürgermeisters Just Dillgard wurden die Straßen nach dem früheren preußische Kriegsminister Karl von Einem und dem Chef der Reichswehrheeresleitung, Hans von Seeckt, benannt.

 

Generaloberst von Seeckt war von 1920 bis 1926 Chef der Heeresleitung. Befürworter der Straßenumbenennung sehen in ihm einen überzeugter Monarchist und Antirepublikaner, der die Reichswehr als "Staat im Staate" ausgebaut und ihre Integration in die demokratische Ordnung verhindert habe. Er habe die revanchistische Politik gegen Frank-reich und Polen befürwortet und die illegale Aufrüstung der Reichswehr betrieben. Als Generalsstabschef des im Ersten Weltkrieg verbündeten türkischen Feldheeres habe er den Völkermord der Türken an den Armeniern 1917/18 mit zu verantworten.

 

Karl von Einem war von 1903 bis 1909 preußischer Kriegsminister und während des Ersten Weltkriegs Befehlshaber der 3. Armee. Der Generaloberst engagierte sich während der Weimarer Republik im Bund der Aufrechten, einer nationalistisch-monarchistischen Vereinigung, deren Vorsitzender er in den 1930er Jahren wurde.

 

Die Initiative „ProVon“ hegt nach eigener Darstellung keine Sympathien für die Namensgeber der Straßen. „Sie waren gewiss keine Demokraten, sondern Repräsentanten einer dunklen Periode der deutschen Geschichte“, heißt es in der Stellungnahme der Bürgerbegehrensinitiatoren in der Abstimmungsbroschüre zum Bürgerentscheid. Die Nachgeborenen müssten mit dieser schwierigen Geschichte leben und sich ihr stellen. SPD, Grüne und Linke, die für die Umbenennung gestimmt hatten, wollten den Bürgern aber ihre ideologische Weltsicht aufzwingen. Die Umbenennung der Straßen sei erst der Startschuss einer bereits geplanten Aktion, auch andere Straßen in Essen dem Zeitgeistverständnis anzupassen.

 

Der Bürgerentscheid in Essen ist nach Angaben der Initiative „Mehr Demokratie“ seit 1994 erst der zweite Bezirksbürgerentscheid in NRW. Die bisher einzige Abstimmung in einem Stadtbezirk fand 1997 im Leverkusener Stadtteil Rheindorf statt.

 

Mehr Informationen: <link>Bürgerentscheid über Straßennamen in Essen-Rüttenscheid

Pressesprecher


Jens Mindermann
Tel.: 0221 669 665 10
E-Mail: presse.nrwkein spam@mehr-demokratie.de

Fakten und Argumente