Pressemitteilung

100. Quorumsopfer bei NRW-Bürgerentscheid

Abstimmung über Rathaus-Anbau in Brühl ungültig

Die Stadt Brühl ist Tatort des 100. Scheiterns einer Abstimmungsmehrheit in einem NRW-Bürgerentscheid. Beim Ratsbürgerentscheid über einen Neubau für den Rathaus-Anbau in der bei Köln gelegenen Stadt votierten heute zwar 64,9 Prozent der Abstimmenden gegen den von der Verwaltung geplanten Neubau, jedoch machten die Nein-Stimmen weniger als die vorgeschriebenen 20 Prozent aller Stimmberechtigten aus. Der Nein-Seite fehlten ganze 105 Stimmen. Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 30,4 Prozent.

 

Die Initiative "Mehr Demokratie" fordert Konsequenzen aus der hohen Zahl ungültiger Bürgerentscheide in NRW. "Wenn von 223 Abstimmungen 100 ohne verbindliches Ergebnis bleiben, ist das ein Beweis für die Schädlichkeit von Abstimmungshürden. Bürger erleben Ohnmacht, statt das Gefühl zu bekommen, etwas bewegen zu können. Das führt zu Demokratiefrust statt Beteiligungslust", sagt Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser. Er erinnert daran, dass auch der Europarat seit langem die Abschaffung von Abstimmungsquoren fordert.

 

"Wenn eine Vorlage (...) durch eine Mehrheit der Abstimmenden angenommen wurde, ohne dass das Quorum erreicht wurde, entsteht eine äußerst schwierige politische Situation, weil diese Mehrheit glauben wird, dass sie ohne ausreichenden Grund des Sieges beraubt wurde", heißt es in einem Bericht des Europarates. Der Europarat ist eine Organisation 47 europäischer Staaten, die sich unter anderem mit Demokratiefragen befasst.

 

Die Durchführung des Ratsbürgerentscheids war im Februar vom Stadtrat beschlossen worden. Die Stadt wollte damit das Votum der Bürger für einen modernen und barrierefreien Neubau nach aktuellen energetischen Standards einholen. Der Neubau soll ein Gebäude aus den 60er Jahren ersetzen und 14,3 Millionen Euro kosten. Neubau-Gegner befürchten, dass die Baukosten auf bis zu 25 Millionen Euro steigen könnten. Sie fordern, den bestehenden Rathaus-Anbau zu sanieren und barrierefrei zu gestalten.

 

Der Ratsbürgerentscheid ist bereits das zweite gescheiterte direkt-demokratische Verfahren zum Rathaus-Anbau. 2011 hatte der Stadtrat ein Bürgerbegehren für den Erhalt des Gebäudes für unzulässig erklärt, kurze Zeit später aber den eigenen Neubau-Beschluss aufgehoben, weil angesichts der „Schärfe bei der Auseinandersetzung der gesellschaftliche Frieden in der Stadt gefährdet" sei, so der seinerzeitige Bürgermeister Michael Kreuzberg.

 

Pressesprecher


Jens Mindermann
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