Bürgerbegehren verbesserungsbedürftig

In NRW sind die Spielregeln für kommunale Bürgerbegehren verbesserungsbedürftig. Das ist das Ergebnis des am 16. November 2016 vorgestellten neuen Volksentscheid-Rankings von Mehr Demokratie. In dem Ranking wird die Bürgerfreundlichkeit der direkten Demokratie auf Landes- und Kommunalebene miteinander verglichen. NRW landet dabei für die kommunale Ebene mit der Note „befriedigend“ nur auf Platz 5.

 

Auf kommunaler Ebene fehlt vor allem die Möglichkeit zu Bürgerentscheiden über Großprojekte. Über den Neubau von Kraftwerken oder den Ausbau von Flughäfen dürfen die Bürger nicht abstimmen. In Bayern, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen sind Abstimmungen über solche Fragen hingegen erlaubt. Bayern gehört deshalb auch zusammen mit Schleswig-Holstein und Thüringen zum Spitzentrio des Volksentscheid-Rankings. Schlusslicht ist das Saarland.

 

Bauprojekte: Frist kaum zu schaffen

Stark begrenzt sind Bürgerbegehren zum Bau neuer Einkaufszentren oder zur Ausweisung neuer Gewerbeflächen. Hier können die Bürger nur gegen die Aufstellung von Bebauungs- oder Flächennutzungsplänen vorgehen. Die Frist zur Unterschriftensammlung ist dabei auf knappe sechs Wochen begrenzt. Mit Aufstellungsbeschlüssen müssen noch keine genauen Bebauungsvorgaben gemacht werden. Die Bürger wissen also nicht, was auf sie zukommt und werden frühzeitig in den Totalwiderstand getrieben, weil sie sonst die Frist verpassen.

 

Die Einreichungsfrist ist generell kritikwürdig. Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens sollten so lange Unterschriften sammeln können, wie in der Sache noch keine unveränderlichen Fakten geschaffen worden sind. Schließlich können auch Räte noch nicht umgesetzte Beschlüsse jederzeit wieder aufheben. Vorbilder sind hier die Länder Bayern und Schleswig-Holstein: Dort gibt es für Bürgerbegehren keine Einreichungsfrist.

Volksentscheid-Ranking kommunal

Volksentscheid-Ranking kommunal
Platz Bundesland Note
     
1 Thüringen gut (1,6)
2 Bayern gut (1,7)
3 Schleswig-Holstein gut (1,8)
4 Bremen gut (1,9)
5 Nordrhein-Westfalen befriedigend (2,5)
6 - 7 Berlin befriedigend (2,6)
6 - 7 Hamburg befriedigend (2,6)
8 Baden-Württemberg befriedigend (2,7)
9 Sachsen befriedigend (3,1)
10 - 11 Hessen befriedigend (3,2)
10 - 11 Rheinland-Pfalz befriedigend (3,2)
12 Niedersachsen ausreichend (3,8)
13 Sachsen-Anhalt ausreichend (4,0)
14 Brandenburg ausreichend (4,2)
15 Mecklenburg-Vorpommern ausreichend (4,3)
16 Saarland mangelhaft (5,1)

Abstimmungshürde überflüssig

Überflüssig ist auch die Abstimmungshürde bei Bürgerentscheiden. Damit ein Bürger- oder Ratsbegehren erfolgreich ist, muss die Abstimmungsmehrheit je nach Gemeindegröße zwischen zehn und 20 Prozent aller Stimmberechtigten ausmachen. Das Zustimmungsquorum definiert demokratisch zustande gekommene Mehrheiten zu Minderheiten um. Untersuchungsergebnisse der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung an der Universität Wuppertal zeigen, dass dieses Quorum die Beteiligung bei Bürgerentscheiden im Vergleich mit Abstimmungen ohne Quorum senkt. Grund: Die Gegner eines Bürgerbegehrens setzen auf Strategien wie Ignorieren und Behinderung bei der Abstimmungsteilnahme und mobilisieren ihre Anhänger selbst nicht zur Stimmabgabe beim Bürgerentscheid.

 

Dies wiederum hat zur Folge, dass die Abstimmungsergebnisse im Vergleich zur Haltung der Gesamtbevölkerung zum Thema häufig zugunsten des Bürgerbegehrens verzerrt sind. Weil sich die Gegner eines Bürgerbegehrens oft berechtigte Hoffnungen machen können, dass das Bürgerbegehren das Zustimmungsquorum nicht erreicht, bleiben sie einfach Zuhause und sind deshalb im Abstimmungsergebnis unterrepräsentiert.

 

Spitzenreiter Bayern

Insgesamt wurden bis Ende 2015 bundesweit 5.800 Bürgerbegehren initiiert und 3.500 Bürgerentscheide durchgeführt. In NRW waren es 705 Bürgerbegehren und 211 Bürgerentscheide. Pro Jahr werden bundesweit zwischen 250 und 350 Bürgerbegehren (NRW: etwa 25) eingeleitet und es kommt in den deutschlandweit 11.500 Gemeinden, Städten und Landkreisen zu 120 bis 140 Bürgerentscheiden (NRW 10 - 15). Dabei fanden in Bayern fanden fast 40 Prozent aller Initiativen (2.727) und 50 Prozent aller Abstimmungen (1.651) statt. NRW hat bei den Bürgerbegehren einen Anteil von zwölf Prozent und bei Bürgerentscheiden von sechs Prozent. Im Ranking-Schlusslicht Saarland gab es erst 16 Bürgerbegehren und keinen einzigen Bürgerentscheid.

 

Die beliebtesten Themenbereiche sind Wirtschaftsprojekte (18,9 Prozent), öffentliche Sozial- und Bildungseinrichtungen (18,3 Prozent), Verkehrsprojekte (16,6 Prozent) und öffentliche Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen (14,5 Prozent). Es gibt dabei mehr Begehren, die eigene Lösungen vorschlagen, als Begehren, die Planungen stoppen wollen. In größeren Städten werden häufiger Begehren eingeleitet als in kleinen Gemeinden. Drei von zehn Bürgerbegehren werden für unzulässig erklärt.

Das komplette Volksentscheid-Ranking 2016 finden Sie zum Herunterladen hier (pdf, 44 Seiten)

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