Bürger begehren weniger

War das Jahr 2013 in Hinblick auf die direkte Demokratie vor Ort noch ein Rekordjahr, geht die Zahl der Bürgerbegehren im Jahr 2014 zurück. Im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres gab es weniger direkt-demokratische Initiativen.

 

Hatte es in der Mitte des Jahres 2013 zur Jahreshälfte noch 23 abgeschlossene Bürgerbegehren gegeben, waren es 2014 nur 20. Die Zahl der Bürgerentscheide hat sich von zehn auf fünf halbiert. Hierbei war mit dem Bürgerbegehren gegen den Messe-Teilneubau in Essen nur ein Bürgerbegehren erfolgreich. In Burscheid wurde ein Begehren gegen die Umbenennung der Fritz-Halbach-Straße abgelehnt. Bei drei weiteren Bürgerentscheiden erreichten die zur Abstimmung gestellten Bürgerbegehren nicht die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzustimmung, die je nach Gemeindegröße zwischen zehn und 20 Prozent aller Stimmberechtigten liegt.

Bürgerbegehren in NRW

Jahr nicht einge- reicht/ zurück- gezogen / versandet unzu- lässig vom Rat über- nommen Kom- pro- miss läuft noch zum Bürger- entscheid führten Gesamt
1994 - 2012 96 233 102 17   167 615
1. Halbj. 2013 4 6 3     10 23
2. Halbj. 2013 2 3 1     7 13
1. Halbj. 2014 3 4 1 1 6 5 20
Gesamt 105 246 107 18 6 189 671
Stand: 30.06.2014              

Bei zwei weiteren Bürgerbegehren war kein Bürgerentscheid nötig. In Drolshagen hatte sich der Rat nach erfolgreicher Unterschriftensammlung einem Begehren gegen die Einrichtung einer Beigeordnetenstelle angeschlossen. In Solingen vereinbarten die Initiatoren eines Bürgerbegehrens gegen den bis dahin geplanten Bau einer Treppe am städtischen Theater einen Kompromiss. Danach gibt es statt der Treppe eine preiswertere und geeignete Wegelösung. Von den verbleibenden Begehren wurden drei nicht eingereicht, weil sie die notwendige Unterschriftenzahl nicht erreichten.

 

Vier weitere Bürgerbegehren wurden für unzulässig erklärt. In Schwelm traf dies gleich zwei Initiativen für den Erhalt verschiedener Schulen. Beiden wurden fehlerhafte Formulierungen auf der Unterschriftenliste bzw. eine zu späte Einreichung der Unterschriften vorgeworfen. Zu spät kamen auch Bürgerbegehren gegen den Verkauf von Grundstücken in Bornheim und für einen Kostendeckel beim Umbau des Döppersbergs in Wuppertal.

(Rats)Bürgerentscheide in NRW

Jahr Abstimmungsvorlage angenommen Abstimmungs- vorlage abgelehnt (Rats-)Bürger- entscheid ungültig Gesamt
1994 - 2012 64 28 82 174
1. Halbj. 2013 2 4 4 10
2. Halbj. 2013 3 4 3 10
1. Halbj. 2014 1 1 3 5
Gesamt 70 37 92 199
Stand: 30.06.2014        

In Bornheim wollte die FDP mit ihrem Begehren den Bau eines Einkaufszentrums verhindern. In Wuppertal ging es der Initiative „Döpps 105“ darum, die ursprünglich auf 105 Millionen Euro geschätzten Kosten für den Umbau der Umgebung des Hauptbahnhofs nicht weiter steigen zu lassen. Der Stadtrat hatte zuvor weitere 35 Millionen zur Finanzierung der Bauarbeiten genehmigt. Weil der Beschluss zum Umbau des Döppersbergs aber bereits 2010 vom Rat gefasst worden war, war die dreimonatige Frist zur Einreichung eines Bürgerbegehrens bereits lange verstrichen.

 

Frist frisst Bürgerbegehren

Besonders dramatisch ist die Wirkung der nur sechswöchigen Einreichungsfrist für Bürgerbegehren gegen Ratsbeschlüsse zu Bebauungs- und Flächennutzungsplänen. In dieser kurzen Zeit ist die notwendige Unterschriftenzahl oft nicht zu erreichen, wie etwa das gar nicht erst eingereichte Begehren zum Bebauungsplan Richtericher Dell in Aachen zeigt. In der nur kurzen Zeit zur Unterschriftensammlung hatten sich 4.137 Aachener in die Unterschriftenlisten eingetragen. Mindestens 7.900 hätten es aber sein müssen. Um diese Hürde zu überspringen, hätte die Bürgerinitiative Dell täglich mindestens 200 Unterschriften sammeln müssen. Mit ehrenamtlichen Kräften ist dies kaum zu schaffen.

 

Dieses und andere Beispiele zeigen, dass die eigentlich unnötigen Einreichungsfristen das direkt-demokratische Engagement der Bürger stark behindern. Mehr Demokratie plädiert deshalb dafür, solche Fristen zu streichen. Dann könnten die Bürger Ratsbeschlüsse genauso lange wieder aufheben wie die Räte selber. Nämlich solange, wie noch keine unwiderruflichen Fakten geschaffen worden sind. In Bayern und Schleswig-Holstein ist dies bereits Praxis.

 

Hintergrund:Bürgerbegehren und Bürgerentscheide 2014

Übersicht

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Faire Bürgerentscheide

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