Laut Koalitionsvertrag soll die direkte Demokratie in NRW erleichtert werden. Dazu ist die Einsetzung einer Fachkommission vorgesehen, die Vorschläge zur Absenkung der Hürden bei Volksbegehren auf Landesebene erarbeitet. „Wir freuen uns außerordentlich, dass die Regeln für Volksbegehren endlich verbessert werden sollen. Damit kann auch gleich angefangen werden, denn alle Vorschläge dazu liegen bereits auf dem Tisch“, so Wölfel. Die neue Regierung könne sich auf die Ergebnisse der von 2013-2016 tagenden Verfassungskommission stützen. Diese empfahl unter anderem eine Absenkung der Unterschriftenhürde für Volksbegehren sowie die Streichung des sogenannten Finanztabus, das verhindert, dass Bürger in Haushaltsfragen mitentscheiden dürfen.
Weiterhin begrüßt Mehr Demokratie, dass sich im Koalitionsvertrag ein klares Bekenntnis zu den zahlreichen Beteiligungsverfahren in den Städten und Gemeinden NRWs findet. Um Bürgerbeteiligung auf Landesebene und in den Kommunen weiter zu stärken, sollen laut Vertrag eine zentrale Ansprechstelle bei der Landesregierung und ein Beratungs- und Austauschnetzwerk für kommunale Bürgerbeteiligung geschaffen werden. „Eine zentrale Anlaufstelle bei der Landesregierung für Beteiligungsfragen ist ein wichtiger Meilenstein hin zu einer bürgerfreundlicheren Demokratie! Das gilt einerseits für die Vernetzung der Kommunen untereinander, die von ihren Erfahrungen gegenseitig profitieren. Das gilt andererseits auch für Bürgerinnen und Bürger, die selbst aktiv werden möchten“, so Wölfel. Allzu häufig seien Beteiligungsverfahren oder Gesetzestexte für juristische Laien kaum verständlich. Eine zentrale Beratungsstelle könne hier laut Wölfel Abhilfe schaffen.
Positiv zu bewerten sei auch, dass im Koalitionsvertrag die Durchführung von zufällig gelosten Bürgerräten festgeschrieben ist. Diese bringen laut Wölfel ganz unterschiedliche Perspektiven in den politischen Entscheidungsprozess ein und bereichern so die politische Debatte. Mit zwei Bürgerräten zu ausgewählten Themen soll das Instrument auf Landesebene erprobt werden. Von gut organisierten Bürgerräten im bevölkerungsreichsten Bundesland könne laut Wölfel gar bundesweit ein wichtiges Signal für unsere Demokratie von NRW ausgehen.
Auch in den Bereichen Lobbykontrolle und Transparenz zeigt sich der Koalitionsvertrag ambitioniert. So soll ein verpflichtendes Lobbyregister samt legislativem Fußabdruck eingeführt werden. Damit würde die neue Regierung in NRW laut Wölfel sogar einen Schritt weitergehen als der Bund, wo es zwar schon ein Lobbyregister, bislang aber ohne den wichtigen legislativen Fußabdruck gebe. Weiterhin findet sich im Vertrag ein Prüfauftrag für eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes hin zu einem Transparenzgesetz, das eine proaktive Veröffentlichung von Daten und Informationen vorsieht. Als Teil des Transparenzbündnisses „NRW blickt durch“ setzt sich Mehr Demokratie zusammen mit dem Bund der Steuerzahler NRW, Transparency Deutschland, NABU NRW und Offene Kommunen NRW bereits seit vielen Jahren für ein solches Transparenzgesetz ein.
Des Weiteren hebt Mehr Demokratie positiv hervor, dass die historisch niedrige Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl als eine zentrale Herausforderung für die kommende Legislaturperiode identifiziert wird. Mit der Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre wird im Koalitionsvertrag sogleich ein erster wichtiger Schritt benannt, um sich dieser Herausforderung zu stellen. NRW würde dem Beispiel anderer Bundesländer wie etwa Brandenburg, Hamburg und zuletzt auch Baden-Württemberg folgen, wo auch 16 und 17-Jährige wählen dürfen.
Zur Stärkung der Demokratie in den Städten und Gemeinden wollen CDU und Grüne eine sogenannte Experimentierklausel einführen. Diese würde es Kommunen ermöglichen, neue Wege zu erproben, um mit Herausforderungen umzugehen. Positive Erfahrungen könnten dann die Grundlage für landesweite Regelungen bilden. „Gerade im Bereich der kommunalen Bürgerbegehren ist die Experimentierklausel eine große Chance. Hier kann etwa die digitale Unterschriftensammlung, die automatische Zusendung von Abstimmungsunterlagen bei Bürgerentscheiden oder die Streichung der Kostenschätzung unkompliziert erprobt werden“, so Wölfel.
Bevor die neue schwarz-grüne Landesregierung ihre Arbeit aufnehmen kann, muss der Koalitionsvertrag noch von den Mitgliedern beider Parteien auf deren Parteitagen dieses Wochenende bestätigt werden. Voraussichtlich kommenden Dienstag soll dann Hendrik Wüst vom Landtag zum Ministerpräsidenten NRWs gewählt werden.
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