Pressemitteilung

Privatisierungsbegehren stirbt Quorumstod

Abstimmungshürde bringt Bürgerbegehren in Mülheim zu Fall

Das im Februar 2005 in Mülheim zum ersten Mal per Bürgerentscheid beschlossene Privatisierungsverbot wird nicht aktualisiert. In einem Bürgerentscheid über Privatisierungen hatten am Sonntag zwar 73,7 Prozent der Abstimmenden für ein Bürgerbegehren gegen die Übertragung von Anteilen städtischer Unternehmen und Gebäude im Bereich der Daseinsvorsorge an oder deren Betrieb durch nicht gemeinnützige private Investoren gestimmt, jedoch erreichte das Begehren nicht die notwendige Mindestzustimmung von 20 Prozent aller Stimmberechtigten.

 

In der Ruhrstadt ist aktuell insbesondere die Sanierung von Schulen im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP-Modelle) umstritten. Bei einer solchen Partnerschaft bliebe die Stadt dauerhaft Eigentümer der Gebäude. Dem privaten Partner würden nur Leistungen wie die Erstellung oder Sanierung des Gebäudes sowie dessen Instandhaltung übertragen. Der private Partner würde das Projekt vorfinanzieren und erhielte von der Stadt ein Entgelt.

 

In Mülheim besteht im Schulbereich ein Sanierungsstau von 170 Millionen Euro. Die Haushaltslage ist schlecht. Eine weitere Verschuldung wird von der Bezirksregierung untersagt. ÖPP-Modelle bieten nach Ansicht der Stadt die Chance, notwendige Sanierungsmaßnahmen zügig und günstig anzugehen.

 

Die Initiatoren des erfolgreichen Bürgerbegehrens befürchten schwer wiegende Nachteile für die Stadt. Bisherige ÖPP-Projekte in anderen Kommunen hätten sich als folgenschwere Irrwege erwiesen. Transparenz gehe verloren, die demokratische Kontrolle werde ausgehebelt. Langfristig werde die Verschuldung zementiert, Arbeitnehmer in ÖPP-Projekten müssten mit schlechteren Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzabbau und Absenkung bisheriger Standards rechnen.

 

Bereits vor zweieinhalb Jahren hatte bei einem Bürgerentscheid zum gleichen Thema eine Mehrheit von 82,4 Prozent der Abstimmenden "vorbeugend" Privatisierungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge abgelehnt.

 

Die Initiative "Mehr Demokratie" bedauerte das "unechte Scheitern" des Bürgerbegehrens an der Abstimmungshürde. "Nun gibt es in Mülheim die absurde Situation, dass sich die Bürger zweimal deutlich gegen Privatisierungen ausgesprochen haben, aber nur der erste Bürgerentscheid gültig ist", kritisierte Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Er forderte eine Senkung der Abstimmungshürde und verwies darauf, dass der Mülheimer Bürgerentscheid in Bayern gültig gewesen wäre. Im Freistaat gilt bei Bürgerentscheiden in Städten von der Größe Mülheims ein Zustimmungsquorum von nur 10 Prozent. Die Grünen und die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik unterstützen die Forderung von Mehr Demokratie.

 

Hintergrund: <link>Die Abstimmungshürde: Hohe Hürde zum Erfolg

 

 

Pressesprecher


Jens Mindermann
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