Verbände kritisieren teure Überhangmandate und fordern Wahlrechtsreform
Der Bund der Steuerzahler und die Initiative „Mehr Demokratie“ fordern in einem Schreiben an den Innenminister und den kommunalpolitischen Ausschuss des Landtages die Einführung eines Wahlrechts, das Überhangmandate nicht mehr entstehen lässt. Nach der Kommunalwahl seien zahlreiche neue Überhangmandate entstanden, die die Stadt- und Gemeinderäte und die Kreistage unnötig aufblähten. Ein reformiertes Wahlrecht könne die Steuerzahler entlasten und das Wahlsystem demokratisieren.
Mit dem Zusammentreten der neuen Räte ab dem 21. Oktober gibt es in den Räten und Kreistagen mehr Überhangmandate denn je. Der Kreistag Rhein-Erft ist von 66 auf 80 Sitze angewachsen, der Bonner Rat von 67 auf 80. In Aachen gibt es 16 zusätzliche Ratsmitglieder, in Paderborn zehn. Insgesamt beträgt die Zahl der Rats- und Kreistagsmitglieder statt regulär 15.200 nun 16.614.
Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei bei einer Wahl mehr Direktmandate und damit mehr Ratssitze gewinnt, als ihr nach dem Stimmenanteil für die Partei zustehen. „Dieses Problem besteht solange, wie es Wahlbezirke und Direktmandate gibt“, erläuterte Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Sein Verein fordert deshalb ein Wahlrecht, das ohne Wahlbezirke auskommt.
In Zukunft sollen die Wähler die Möglichkeit erhalten, sich ihre Lieblingskandidaten aus den Parteilisten gezielt auszusuchen. Hierbei können die Bürger die Reihenfolge der Mandatsbewerber auf den Vorschlagslisten der Parteien noch einmal ändern. Dieses „Kumulieren und Panaschieren“ genannte Wahlrecht ist bei Kommunalwahlen in 13 Bundesländern bereits Praxis.
„Dieses Wahlsystem bedeutet nicht nur mehr direkten Einfluss des Bürgers, sondern damit könnten die Kommunen enorme Kosten sparen“, sagt Georg Lampen, Vorsitzender des Steuerzahlerbundes. Er verweist darauf, dass die Ausgaben für ein Ratsmitglied beispielsweise in Mülheim rund 13.000 Euro pro Jahr betragen. „Legt man diese Zahl auf alle Überhangmandate für die nächsten fünf Jahre um, kommt man auf viele Millionen Euro an Zusatzkosten für Städte und Gemeinden“, rechnet Lampen vor. Geld, das an anderer Stelle dringender gebraucht werde.
Mehr Demokratie hatte im vergangenen Jahr fast 73.000 Unterschriften für das auch vom Bund der Steuerzahler befürwortete Wahlrecht an den Landtag übergeben. Das Parlament hatte die Volksinitiative aber gegen die Stimmen der Grünen abgelehnt.
Mehr Informationen:
<link ueberhangmandate>Wahlrecht produziert Überhangmandate
<link>Kommunalwahl: Mehr Demokratie beim Wählen