Stadt soll Bürger vor Bürgerbegehren warnen
Die Essener Politik traut den Bürgern der Stadt nicht über den Weg. Weil eine Mehrheit des Kulturausschusses des Rates die Formulierung eines Bürgerbegehrens gegen Personalkürzungen im Kulturbereich für irreführend hält, soll die Stadt die Bürger nun in einem „offenen Brief“ vor der Unterzeichnung des Begehrens warnen. Bei der Initiative „Mehr Demokratie“ hält man dieses Vorgehen für absurd. „Die Politik sollte mit dem Bürgerbegehren gelassen umgehen. Die Bürger über Argumente gegen das Bürgerbegehren zu informieren ist Aufgabe der Parteien und nicht der Stadt“, meint Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser.
Das Internetportal WAZ.de zitiert den Kulturausschussvorsitzenden Norbert Kleine-Möllhoff (CDU) mit der Aussage, dass die Formulierung des Bürgerbegehrens so irreführend sei, dass man die Leute davor warnen müsse, zu unterschreiben. Der Einsatz gegen den beschlossenen Personalabbau gehe zu Lasten anderer Kulturinstitutionen, bei denen im Falle eines erfolgreichen Begehrens stattdessen eingespart werden müsse. Die Verantwortlichen des Bürgerbegehrens „Kulturgut“ hätten das offenbar nicht bedacht. Diesen Vorwurf halten die Initiatoren des Bürgerbegehrens für falsch.
„Die Ratsfraktionen haben vor einem eventuell kommenden Bürgerentscheid die Gelegenheit, die Wähler über ihre Argumente zum Bürgerbegehren zu informieren“, erläutert Trennheuser die Spielregeln der direkten Demokratie in Essen. Alle Stimmberechtigten erhielten dann ein Abstimmungsheft mit den Positionen der Bürgerbegehrens, des Oberbürgermeisters und der Fraktionen. Außerdem bestehe jederzeit die Möglichkeit, über die Medien zum Thema Stellung zu nehmen oder an Infoständen für die eigene Position zu werben.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine Entscheidung des Stadtrates aus dem vergangenen November. Im Zuge der aktuellen Haushaltskonsolidierung soll Personal bei Einrichtungen wie der Volkshochschule, der Folkwang Musikschule und dem Kulturzentrum Schloss Borbeck vorgenommen werden. Der Personalabbau soll zur Verringerung einer Haushaltslücke von 120 Millionen Euro beitragen.
Der vom Kulturausschuss gewünschte offene Brief zum Kulturgut-Bürgerbegehren bringt bei diesem Thema bereits zum zweiten Mal Unruhe in die Stadt. Vor kurzem hatte die Verwaltung zugeben müssen, sich bei der Kostenschätzung zum Bürgerbegehren verrechnet zu haben und dessen Einreichungsfrist deshalb verlängert. Ob dies rechtlich überhaupt zulässig ist, ist unter Experten umstritten.
Mehr Informationen: <link>Bürgerbegehren gegen Personalkürzungen im Kulturbereich