Pressemitteilung

Es fährt ein Zug nach Nirgendwo

Ratsreferendum über Straßenbahntrasse in Neuss ungültig

In Neuss wird weiter über die Trassenführung einer Straßenbahnlinie gestritten werden. Auch ein Ratsferendum über die zukünftige Führung der Linie 709 durch die Stadt am Sonntag konnte keine Klarheit bringen. Zwar konnten die Gegner einer Trassenverlegung eine Mehrheit von 53,8 Prozent der Abstimmenden hinter sich bringen, jedoch wurde das vom Rat geforderte Quorum von 20 Prozent aller Stimmberechtigten nicht erreicht. Mindestens 23.517 Neusser hätten für oder gegen die Trassenverlegung stimmen müssen.

 

Beim von Bürgermeister Herbert Napp (CDU) und dem Rat angesetzten Referendum ging es um die Frage, ob die Linie 709 aus der Haupteinkaufsstraße der Stadt heraus genommen soll. Durch die Verlegung der Trasse soll mehr Platz für Fußgänger und Außengastronomie geschaffen werden. Befürworter der Trassenverlegung argumentieren, dass eine zweigleisige Straßenbahntrasse für die Neusser Haupteinkaufsstraße zu schmal sei. Durch die Herausnahme der Trasse könne die Straße zur begrünten Flaniermeile werden.

 

Ein Aktionsbündnis bestehend aus Umweltschutzorganisationen und Grünen lehnt die Trassenverlegung ab. Das Bündnis befürchtet durch die Verlegung eine zurück gehende Nutzung der Bahn als Verkehrsmittel. Ältere und Menschen mit Behinderungen hätten Nachteile zu erleiden. Ohne Linie 709 in der Innenstadt werde die Neuss mit Düsseldorf verbindende Bahnlinie von der Rheinbahn zudem wohl mangels Rentabilität in Düsseldorf abgebunden und gar nicht mehr nach Neuss fahren.

 

Die Initiative "Mehr Demokratie" kritisierte die vom Rat aufgestellte Abstimmungshürde. "Statt nun endlich Klarheit über die Linienführung zu haben, können sich nun Befürworter wie Gegner der Trassenverlegung als Abstimmungssieger sehen", beschrieb Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie, das Dilemma. Sein Verein lehnt Abstimmungsquoren prinzipiell als "demokratiewidrig" ab. Wie bei Wahlen solle auch bei Bürgerentscheiden das urdemokratische Prinzip "Mehrheit entscheidet" gelten. Schily verwies darauf, dass es etwa bei Verfassungsreferenden in Bayern, Hessen und Sachsen kein Abstimmungsquorum gibt. "Wenn Quoren selbst bei Verfassungsänderungen nicht nötig sind, sind sie es bei kommunalen Abstimmungen erst recht nicht", so Schily.

 

Mehr Demokratie fordert den Neusser Rat deshalb auf, das Abstimmungsergebnis zu respektieren. "Es darf nicht sein, dass der Rat das nun schon zweite eindeutige Bürgervotum in dieser Frage ignoriert", so Schily. Bereits 1997 hatten sich in einem Bürgerentscheid 92,3 Prozent der Abstimmenden gegen die Verlegung der Straßenbahntrasse ausgesprochen. Hoffnung macht Schily eine in der vergangenen Woche gemachte Äußerung des Stadtoberhaupts. Man werde die Mehrheitsentscheidung akzeptieren, auch wenn nicht alle formalen Kriterien erfüllt seien, hatte Bürgermeister Napp auf einer Diskussionsveranstaltung zum Ratsreferendum gesagt.

 

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Jens Mindermann
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