Pressemitteilung

Demokratietiger landen als Bettvorleger

Landeskabinett berät über Reform der Gemeindeordnung

Düsseldorf/Köln - Die nordrhein-westfälische Landesregierung will heute einen Gesetzentwurf zur Reform der Gemeindeordnung beschließen. Danach sollen künftig die Wahlen der Räte und Kreistage von den Wahlen der Bürgermeister und Landräte abgekoppelt, die Amtszeit der Stadtoberhäupter von 2009 an von fünf auf sechs Jahre verlängert werden. Stichwahlen werden abgeschafft. Die Reform soll im Sommer vom Landtag verabschiedet werden.

 

Die Initiative Mehr Demokratie hat die geplante Reform als "Sammlung von Formelkompromissen" kritisiert. So gefährde die Abschaffung der Stichwahl die demokratische Legitimation der Spitzenbeamten. "Wenn Bürgermeister vielleicht nur noch 25 oder 30 Prozent der Wähler hinter sich haben, werden sich die Bürger fragen, ob deren Entscheidungen überhaupt legitim sind", fürchtet Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Dabei könne man die Stichwahl auch ohne Demokratieverlust abschaffen. Mehr Demokratie schlägt dazu die Einführung des Präferenzwahlsystems vor.

 

Beim Präferenzwahlsystem werden alle Kandidaten von den Wählern in eine Rangreihenfolge gebracht. Die Wähler können die Kandidaten so nummerieren, dass ihr Lieblingskandidat die Ziffer 1 erhält, den Kandidaten zweiter und folgender Wahl werden entsprechende Ziffern zugeordnet. Hat ein Kandidat nicht auf Anhieb die absolute Mehrheit der "Erststimmen" erreicht, wird der Sieger durch die Auszählung der Stimmen zweiter und folgender Präferenz ermittelt. Dieses Wahlsystem wird bereits in Australien und Irland angewandt. "Damit wird die Stichwahl auf einfache Weise in nur einem Wahlgang gleich mit erledigt", so Schily.

 

Laut Vorschlag von Mehr Demokratie sollen die Wähler ihre Bürgermeister außerdem nicht nur direkt wählen, sondern auch per Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vor Ende ihrer Amtszeit wieder abwählen können. Eine Abwahl ist bisher nur auf Antrag einer Zweidrittel-Mehrheit des Rates möglich.

 

Schily bedauert, dass die Landesregierung sich schon vor Formulierung des Gesetzentwurfs von weitergehenden demokratiepolitischen Ideen verabschiedet hat. So verzichten CDU und FDP auf die Einführung eines demokratischeren Kommunalwahlrechts und auf die Verbesserung der Verfahren für Bürgerbegehren in Städten und Gemeinden. "Die früheren Demokratietiger sind nun als Bettvorleger gelandet", fasste der Geschäftsführer die Kritik seines Vereins zusammen.

 

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