Pressemitteilung

Bürgerbegehren: Wortklauberei bei Gericht

Mehr Demokratie kritisiert Verwaltungsgerichtsurteil

Die Initiative "Mehr Demokratie" übt harte Kritik an einem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen zur Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens. Das Gericht hatte in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens in Linnich verneint, weil es sich gegen einen Beschluss eines Ratsausschusses und nicht des Stadtrates gewandt hatte.

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Linnich im Kreis Düren hatte im Dezember 2005 beschlossen, nach einer Kanalsanierung die Straßen und Bürgersteige in einem Wohngebiet neu zu gestalten und die Straßenbeleuchtung zu erneuern. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens hatten hingegen eine fachgerechte Reparatur der Straße für ausreichend gehalten und mehr als 1.400 Unterschriften gegen den geplanten Straßenkomplettausbau gesammelt.

 

Der Rat hatte das Bürgerbegehren im Juni 2006 für unzulässig erklärt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das Begehren gesetzeswidrig sei und eine unzulässige Fragestellung formuliert habe. Dieser Argumentation folgten die Richter nicht. Trotzdem hält das Gericht das Bürgerbegehren für unzulässig, weil die Gemeindeordnung die Zulässigkeit von Bürgerbegehren auf Entscheidungen beschränke, die der Rat selber treffe. Dies sei aber beim Linnicher Bürgerbegehren nicht der Fall, da der Rat die Zuständigkeiten für die Entscheidungen, die Gegenstand des Bürgerbegehrens sind, per Satzung auf seine Ausschüsse übertragen habe.

 

"Eine solche Interpretation der Gemeindeordnung ist vollkommen abwegig", kritisiert Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Sich nur am Wortlaut der Gemeindeordnung zu orientieren sei eine geradezu naive Wortklauberei. Bisher sei es geltende Rechtsauffassung gewesen, dass Bürgerbegehren auch zu Ausschussbeschlüssen zulässig sind, wenn die Hauptsatzung einer Kommune die Ausschüsse zu eigenständigen Entscheidungen ermächtigt hat.

 

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Verwaltungsgericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen ausdrücklich zugelassen. "Wir sind sicher, dass die OVG-Richter im Berufungsfall das Urteil der Aachener Richter aufheben werden", so Schily. Andernfalls könnte der Richterspruch fatale Folgen haben. Der jetzt schon umfangreiche Katalog von Themen, zu denen Bürgerbegehren nicht zulässig sind, wäre um weitere Punkte ergänzt, die Möglichkeiten zur politischen Selbstbestimmung der Bürger noch weiter eingeschränkt.

 

<link bb-spielregeln>Die Spielregeln für Bürgerbegehren

 

Pressesprecher


Jens Mindermann
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