Pressemitteilung

Bürgerbegehren häufig, deren Scheitern auch

Neuer Bürgerbegehrensbericht von Mehr Demokratie erschienen

Nordrhein-Westfalen ist im Vergleich aller Bundesländer das Flächenland, in denen pro Kommune am häufigsten Bürgerbegehren initiiert werden. Viele direkt-demokratische Initiativen scheitern aber auch an den zahlreichen Hürden. Diese Bilanz zieht die Initiative „Mehr Demokratie“ in ihrem neuen Bürgerbegehrensbericht.

 

Seit 1994 gab es in NRW 704 Bürgerbegehren und 17 Ratsbürgerentscheide. Während Bürgerbegehren dabei durch das Erreichen eines bestimmten Unterschriftenquorums einen Bürgerentscheid herbeiführen können, muss die Durchführung eines Ratsbürgerentscheids von einer Zweidrittel-Mehrheit des jeweiligen Gemeinderates beschlossen werden. Möglich sind solche Abstimmungen auf Initiative der Räte aber erst seit 2007.

 

Die meisten direkt-demokratischen Verfahren gab es in Bayern. Dort fanden von 1995 bis Ende vergangenen Jahres 2.727 Bürgerbegehren und Ratsbürgerentscheide statt. Der Anteil des Freistaats an allen Verfahren macht damit 40 Prozent aus. NRW liegt mit einem Anteil von 10,4 Prozent hinter Baden-Württemberg auf Platz 3. Während in Bayern aber nur 16 Prozent aller Begehren für unzulässig erklärt wurden, waren es in NRW gut 36 Prozent.

 

„Die Situation hat sich in den letzten Jahren durch eine Verbesserung der Verfahren zwar entspannt, zufriedenstellend ist sie aber nicht“, stellt Rechtsanwalt Robert Hotstegs fest. Der Jurist aus Düsseldorf hat in den vergangenen Jahren immer wieder Bürgerbegehren vor Gerichten vertreten, weil sie für unzulässig erklärt wurden. Hauptgrund für die hohe Zahl unzulässiger Begehren ist laut Hotstegs, dass Bürgerbegehren nach der Einreichung der notwendigen Unterschriftenzahl rechtsverbindlich geprüft werden. „Dann ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und eine Rettung meist nicht mehr möglich“, kritisiert Hotstegs. Mehr Demokratie fordert deshalb, dass die Initiatoren von Bürgerbegehren bereits vor Beginn der Unterschriftensammlung eine verbindliche Auskunft über die Zulässigkeit ihrer Initiativen erhalten. Fehler auf der Unterschriftenliste könnten dann noch korrigiert werden.

 

Ein weiterer Kritikpunkt ist die immer wieder umstrittene Kostenfrage. So hatte die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) in Jülich ein Bürgerbegehren für den Erhalt von zwei Lehrschwimmbecken gestartet. Zum Verhängnis wurde dem Begehren dabei die Uneinigkeit über die Kosten, die beim Erhalt der Bäder auf die Stadt zugekommen wären. „Die Verwaltung hat uns eine falsche Berechnung vorgeworfen, weswegen unser Bürgerbegehren für unzulässig erklärt wurde“, schildert Heinz Frey, UWG-Fraktionsvorsitzender im Jülicher Rat, seine Erfahrungen. Habe man in der Kostenfrage eine andere Meinung als die Stadt, könne einem Bürgerbegehren dadurch schnell der Garaus gemacht werden. Frey unterstützt deshalb die Forderung von Mehr Demokratie, die Kostenschätzung, die Verwaltungen für Bürgerbegehren erstellen, als Anforderung an direkt-demokratische Initiativen aus der Gemeindeordnung zu streichen.

 

Der Bürgerbegehrensbericht ist eine gemeinsame Veröffentlichung von Mehr Demokratie und dem Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung an der Universität Wuppertal. Interessierte finden die Studie auf der Internetseite von Mehr Demokratie unter www.nrw.mehr-demokratie.de.

Pressesprecher


Jens Mindermann
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