Richter stärken direkte Demokratie

Mit gleich mehreren Beschlüssen hat das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) in den vergangenen Tagen die direkte Demokratie in Nordrhein-Westfalen gestärkt.

 

Am 6. Dezember hatten die Richter einen Versuch des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Joachim Erwin (CDU) und der Ratsmehrheit aus CDU und FDP gebremst, ein Bürgerbegehren gegen einen Grundstücksverkauf in Düsseldorf durch das Schaffen unwiderruflicher Fakten zu unterlaufen.

 

Der Rat hatte das Bürgerbegehren im September und November zweimal für unzulässig erklärt, weil es Bauleitplanungsfragen berühre. Die nordrhein-westfälische Gemeindeordnung schließt Bürgerbegehren hierzu aus. Nach Auffassung des OVG steht ein Grundstücksverkauf aber in keiner direkten Verbindung zur Aufstellung eines Bebauungsplans. Deshalb seien Bürgerbegehren gegen Grundstücksverkäufe erlaubt.

 

Mitte Oktober hatte Oberbürgermeister Erwin zusammen mit der FDP-Fraktionsvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann einen Dringlichkeitsbeschluss zum Verkauf eines Grundstücks am Golzheimer Friedhof an die Victoria-Versicherung unterzeichnet und den Verkauf abgewickelt. Der Stadtrat hatte den Beschluss bestätigt. Laut Oberverwaltungsgericht ist ein sachlicher Grund für die Vertragsschließung schon zu diesem Zeitpunkt aber nicht ersichtlich. Der einzige Zweck des Dringlichkeitsbeschlusses sei es gewesen, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit die Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern.

 

Der wahre Sinn des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses sei es gewesen, einen Verkaufsstopp mit Hilfe der nur zwei Tage später in Kraft getretenen aufschiebenden Wirkung für Bürgerbegehren und einen darauf folgenden Bürgerentscheid zu umgehen, so die Richter. Der Respekt vor Bürgerbegehren hätte es aber vielmehr geboten, die direkte Entscheidungsmöglichkeit der Bürger zu akzeptieren und für einen Verkauf offensiv zu werben, statt zu versuchen, sich durch "überstürzte Vertragskonstruktionen" dem Votum der Bürger zu entziehen. So hätte binnen kurzem legitimierte Klarheit geschaffen werden können.

 

In der mündlichen Verhandlung zum Antrag des Bürgerbegehrens im November hatte das OVG bereits kundgetan, dass der Eilbeschluss ihrer Auffassung nach ein Verstoß gegen das Prinzip der Organtreue ist. Bürgerbegehren seien ähnlich zu behandeln wie die als Gemeindeorgan gewählten Räte. Gemeindeorgane dürften sich aber nicht gegenseitig in ihrer Arbeit behindern.

 

Am 12. Dezember erläuterten die OVG-Richter in zwei weiteren Beschlüssen zu einem zweiten Bürgerbegehren in Düsseldorf, dass nach Einreichung eines Bürgerbegehrens entstehende zusätzliche Kosten eines Projekts, gegen das sich das Bürgerbegehren wendet, nicht relevant für den durch das Bürgerbegehren zu machenden Kostendeckungsvorschlag sind. Der Kostendeckungsvorschlag ist Hauptunzulässigkeitsgrund für Bürgerbegehren in NRW.

 

Die Richter bestätigten auch ihre Auffassung, dass nach ihrer Ansicht vieles dafür spricht, dass die Vertretungsberechtigten eines Bürgerbegehrens einen verfahrensrechtlichen Anspruch auf Umsetzung eines Bürgerentscheids haben. In der Gemeinde Titz weigern sich Ratsmehrheit und Bürgermeister, einen Bürgerentscheid über eine Kanalsanierungsmaßnahme umzusetzen. Können die Vertretungsberechtigten eines Bürgerbegehrens hiergegen klagen, stärkt das die direkte Demokratie allgemein.

Pressemitteilung

Halbjahresbilanz Bürgerbegehren 2024: 1000 Bürgerbegehren und 300 Abstimmungen in 30 Jahren! [weiter...]

Termine

25.02.2025

Generationengerechtigkeit durch Bürgerräte

Köln
[weiter...]

Alle NRW-Termine auf einen Blick finden Sie hier

Newsletter

Wir schützen Ihre Privatsphäre und geben Ihre Daten nicht weiter. Bitte lesen Sie unsere Datenschutzerklärung.
Mit dem Absenden akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.

Bitte die Felder mit (*) ausfüllen. Die anderen Felder sind optional.

Infos im Abo

Aktuelle Nachrichten und Pressemit- teilungen: Unsere RSS-Newsfeeds