Politik „enkelfit“ machen

Auf Initiative der Jungen Liberalen hat sich der Landesparteitag der FDP am 15. April in Siegen für eine Senkung des Wahlalters bei Landtagswahlen auf 16 Jahre ausgesprochen. Wir haben Jens Teutrine als Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen zum Thema befragt.

Jens Teutrine © Jens Teutrine

Mehr Demokratie: Herr Teutrine, der Landesparteitag der FDP hat am 15. April auf Antrag der Jungen Liberalen dafür gestimmt, dass Jugendliche schon ab 16 Jahren den Landtag wählen dürfen. Was spricht aus Ihrer Sicht für Wahlalter 16?

Jens Teutrine: Für mich ist klar: jede Altersgrenze ist erst einmal willkürlich gewählt. Daher ist es wichtig, Argumente für oder gegen eine Kopplung an die Volljährigkeit als Voraussetzung für das Wahlrecht zu finden. Ich glaube nicht, dass ich harten Alkohol trinken oder, wenn es ganz schlecht läuft, lebenslänglich im Gefängnis landen können muss, um darüber entscheiden zu dürfen, wer meine Interessen im nordrhein-westfälischen Landtag vertritt.

 

Ich bin der Meinung, dass Rechte und Pflichten durchaus zusammengehören, allerdings schließt dies das Wahlrecht ab 16 nicht aus, sondern ein: Mit 16 übernehmen viele Jugendliche bereits Verantwortung, beispielsweise bei der Wahl der Berufsausbildung, sie können bereits Mitglied einer Partei werden, sie zahlen in Teilen bereits Steuern und Sozialabgaben und sind auch religionsmündig.

 

Auch wäre eine Herabsenkung des Wahlalters auf Landesebene nur konsequent, wenn man bedenkt, dass bereits heute ab diesem Alter bei Kommunalwahlen gewählt werden darf. Warum sollte man seinen Bürgermeister, nicht aber seinen Landtagsabgeordneten wählen dürfen? Dazu kommt, dass ich davon überzeugt bin - und dies wird auch von Studien gestützt - dass die Jugend zum einen politischer ist denn je und zum anderen das eigene Wahlrecht noch mehr politisches Interesse erzeugt und frühe politische Partizipation langfristig die Teilnahme an Wahlen stabilisiert. Wer die Politik „enkelfit“ machen möchte, muss auch mehr Enkel an die Wahlurne bringen.

 

Mehr Demokratie: War es schwer, die Delegierten des Parteitags zu überzeugen? Wo gab es Vorbehalte?

Teutrine: Im Vorfeld des Parteitages haben wir uns als Junge Liberale mit verschiedenen Vertretern der FDP ausgetauscht, um abzutasten, wie die Stimmung in der Partei ist. Wir begreifen unsere Rolle als Jugendorganisation einer Partei, die an der Landesregierung beteiligt ist, als konstruktiv-kritisch. Zur Konstruktivität gehört dabei vor allem, immer zunächst das Gespräch zu suchen, um Inhalte zu platzieren. Die Stimmung war sehr positiv.

 

Auf dem Parteitag hat unter anderem auch ein gerade 18-Jähriger gesprochen, der bei der letzten Bundestagswahl zwar engagiert Wahlkampf machen durfte, nicht aber wählen konnte. Letztlich wurde der Antrag mit großer Mehrheit ohne Änderungen und sogar ohne Gegenrede beschlossen. Das zeigt, dass die FDP die Zeichen der Zeit in dieser Frage erkannt hat.

 

Mehr Demokratie: Zur Senkung des Wahlalters bedürfte es einer Änderung der Landesverfassung. Wird es im Landtag hierzu eine Initiative der FDP geben?

Teutrine: Wie die weiteren Schritte hin zu einer Änderung der Landesverfassung aussehen, gilt es nun zu erörtern. Ich denke, wir sind mit unserer auf Austausch bedachten Haltung in dieser Angelegenheit sehr gut gefahren und sollten diesen Weg zunächst nicht verlassen. Gerade mit unseren eigenen JuLi-Landtagsabgeordneten können wir das Thema sehr gut weitervorantreiben.

 

Sicherlich gehört zur Wahrheit auch dazu, dass unsere Mutterpartei in einer Koalition mit der CDU auch gewisse Verpflichtungen hat und das Wahlrecht ab 16 nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags ist. Genauso wie wir die FDP muss nun auch unsere Landtagsfraktion die CDU in Sachen Wahlrecht ab 16 überzeugen. Dabei sind wir gerne behilflich.

 

Mehr Demokratie: Wenn Jugendliche wählen dürfen, dürfen sie auch abstimmen. Derzeit liegen die Hürden für Volksentscheide in NRW aber noch sehr hoch. So braucht man für ein Volksbegehren 1,1 Millionen Unterschriften. Sind Sie für einfachere Verfahren, damit Jugendliche Volksinitiativen und Volksbegehren besser nutzen können?

Teutrine: Eine lebendige Demokratie lebt von der Teilhabe und Beteiligung aller Bürger. Es sollte dem Bürger so unkompliziert wie möglich gemacht werden, sich aktiv an der demokratischen Willensbildung zu beteiligen. Über eine Senkung des Unterschriftenquorums für Volksbegehren in Anlehnung an andere Bundesländer ist vor dem Hintergrund der Größe Nordrhein-Westfalens sicherlich auch zu diskutieren.

 

In jedem Fall muss noch stärker darauf hingewirkt werden, dass Bürgerinnen und Bürger Rechtssicherheit bei der Einreichung von Bürgerbegehren haben. Dafür muss die bestehende Rechtslage um eine Vorprüfung der Zulässigkeit bei Bürgerbegehren ergänzt werden.

 

Darüber hinaus begrüßen wir Junge Liberale ausdrücklich, dass die NRW-Koalition ein unabhängiges und direkt gewähltes Landes-Jugendparlament Nordrhein-Westfalen schaffen möchte, welches über ein Antragsrecht gegenüber dem Landtag verfügen soll. So wollen wir auch jungen Menschen unter 16 Jahren politische Partizipation ermöglichen.

 

Als Junge Liberale fordern wir außerdem die rechtliche Verankerung von Volksentscheiden zu Sachfragen auf allen föderalen Ebenen der Bundesrepublik. Dabei sollen Volksentscheide sowohl durch Verfassungsorgane, sowie Teile davon, als auch durch die Bevölkerung mit einem gewissen Quorum initiiert werden können.

 

Jens Teutrine ist 24 Jahre alt, studiert an der Universität Bielefeld Philosophie und Sozialwissenschaften und ist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen NRW.

Pressemitteilung

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