Parteien zur Wahl

Bei der Landtagswahl 2012 hatten fast alle relevanten Parteien Ideen für mehr direkte Demokratie in ihren Wahlprogrammen stehen. Fünf Jahre später haben sich die Positionen ein wenig verschoben. SPD, Grüne, Linke und Piraten wollen weiterhin überflüssige Hürden für Volksbegehren in NRW abbauen.

 

Fehlanzeige herrscht hingegen bei der CDU, die 2012 noch für eine Senkung der Unterschriftenhürde von acht auf fünf Prozent war. Diese Position hat nun die FDP eingenommen. An den bekannten Problemen hat sich seit der letzten Landtagswahl aber leider nichts geändert.

 

Verfassungskommission gescheitert

Weiterhin ist die Unterschriftenhürde für landesweite Volksbegehren zu hoch. Ein Jahr lang täglich gut 3.000 Unterschriften für ein Volksbegehren wie etwa das zur Rückkehr des Landes zum neunjährigen Gymnasium sammeln zu müssen, um auf die Zahl von 1,1 Millionen Unterschriften zu kommen, ist eine hohe Anforderung. Zu hoch. Das hatten in der bis 2016 tagenden Verfassungskommission des Landtags eigentlich auch alle Fraktionen so gesehen. Vorschläge zur Senkung der Unterschriftenhürde von acht auf fünf bzw. zwei Prozent aller Stimmberechtigten standen im Raum. Weil man die Reform der Volksentscheid-Regeln aber nur bei einer Einigung beim Mindestwahlalter bei Landtagswahlen angehen wollte, diese aber nicht zustande kam, scheiterte auch die Vereinfachung der direkten Demokratie. Aus den Programmen von SPD und CDU ist diese unerledigte Hausaufgabe aber verschwunden.

 

SPD, CDU und FDP: Keine Aussagen zu Bürgerbegehren

Im Wahlprogramm der FDP stand schon 2012 nichts dazu. Gleiches gilt auch für die Erleichterung kommunaler Bürgerbegehren. Auch hierzu schweigen sich SPD und CDU aus. Grüne und Linke wollen hingegen den Reformhebel gleich an verschiedenen Stellen ansetzen. So sollen Bürgerentscheide über Großprojekte ermöglicht und die knappe Einreichungsfrist von maximal drei Monaten für Bürgerbegehren gegen Ratsbeschlüsse abgeschafft werden. Auch soll die Abstimmungshürde bei Bürgerentscheiden gesenkt werden.

 

In der Vergangenheit sind an diesen Hürden immer wieder Bürgerbegehren gescheitert. In Köln wurde 2008 ein von mehr als 35.000 Menschen unterschriebenes Begehren gegen den Ausbau des Godorfer Hafens gestoppt, weil den Bürgern das Entscheidungsrecht über dieses Thema wie auch über den Bau von Flughafen-Startbahnen oder Kraftwerken vorenthalten wird. Bei eigentlich zulässigen Themen kommen Bürgerbegehren immer wieder zu spät, weil Ratsentscheidungen gelegentlich unbemerkt schon Jahre vor ihrer Umsetzung getroffen werden, die Entscheidungen aber erst beim Nahen der Umsetzung von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. So kam etwa 2013 ein Bürgerbegehren für den Erhalt eines Hallenbades in Pulheim zu spät, weil der Stadtrat dessen Schließung schon 2008 beschlossen hatte.

 

Abstimmungshürde kippt Bürgerbegehren

Die Abstimmungshürde bei Bürgerentscheiden bringt jedes zweite zur Abstimmung kommende Bürgerbegehren zu Fall. Die Gemeindeordnung schreibt vor, dass eine Mehrheit für ein Bürgerbegehren hier je nach Gemeindegröße zwischen zehn und 20 Prozent aller Stimmberechtigten ausmachen muss. Sonst gilt das Begehren als gescheitert.

 

Das gleiche Bild wie bei Bürgerbegehren ergibt sich in den Wahlprogrammen auch beim Thema Wahlrecht. War die FDP 2012 noch für mehr Demokratie beim Wählen, ist dieses Thema 2017 bei den Liberalen nicht mehr präsent. Grüne und Linke wollen den Wählerinnen und Wählern hingegen bei Kommunalwahlen ermöglichen, Kandidierende aus dem Angebot aller Parteien gezielt auszuwählen. Dieses „Kumulieren und Panaschieren“ genannte Wahlsystem würde den Bürgern mehr Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Räte geben. Die Piraten fordern wie Grüne und Linke außerdem die Senkung des aktuell bei 18 Jahren liegenden Mindestwahlalters bei Landtagswahlen und das kommunale Wahlrecht für alle dauerhaft in NRW lebenden Migranten. Letzteres will auch die SPD.

 

Mehr Informationsfreiheit

Fassen sich die Piraten bei den anderen Demokratiefragen kurz, so ist der Programmteil zum Thema Transparenz sehr umfangreich. Hauptthema ist wie bei Grünen und Linken die Forderung nach einem Transparenzgesetz, mit dem das Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger hin zu einer Informationspflicht der Verwaltung entwickelt werden soll. Grundsätzlich sollen alle Dokumente der Verwaltungen öffentlich zugänglich machen, sofern nicht Gründe des Datenschutzes, der öffentlichen Sicherheit oder finanzielle Interessen des Landes dagegensprechen. Öffentliche Informationen sollen als für alle Interessierten nutzbare offene Daten zur Verfügung gestellt werden.

 

Wenigstens bei diesem Thema äußern sich auch SPD, CDU und FDP. So wollen die Sozialdemokraten „die Kommunen bei der Einführung und Umsetzung von Maßnahmen zur elektronischen Verwaltung und für offene Verwaltungsdaten finanziell und organisatorisch unterstützen. Nachdem ein Transparenzgesetz mit den Grünen im Koalitionsvertrag von 2012 schon fest vereinbart war, aber nicht verabschiedet wurde, will die SPD "prüfen, ob es notwendig und sinnvoll ist, über die freiwillige Bereitstellung der Daten hinaus (...) eine Verpflichtung zur Veröffentlichung vorzusehen.

 

CDU gegen Transparenzgesetz

Die CDU fordert ein „Open Data-Gesetz, dass sich am Open Data-Gesetz des Bundes orientiert“. Der Staat könne mit Open Data die Grundlage für Innovationen und neue Geschäftsmodelle in der Wirtschaft sowie für neue Arbeitsplätze legen. Ein Transparenzgesetz lehnt die CDU aber ab. Die FDP will ein "freiwilliges Bürgerserviceprofil" einführen, welches für jeden Bürger über seinen Personalausweis zugänglich sein soll. Hierüber sollen Interessierte an Informationen aus Behörden und zu Möglichkeiten kommunaler Bürgerbeteiligung gelangen. "Eine zentrale Bereitstellung von relevanten Informationen" würden die Liberalen begrüßen.

 

Demokratie steht zur Wahl

Bei der Landtagswahl entscheiden die Wählerinnen und Wähler also auch, ob sich Nordrhein-Westfalen hinsichtlich direkter Demokratie, Wahlrecht und Transparenz weiterentwickelt. Der Stillstand der vergangenen fünf Jahre sollte sich nicht fortsetzen.

Pressemitteilung

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