Olympia oder NOlympia? — Parteien über Bürgerbeteiligung am Entscheidungsprozess

Die private Initiative „Rhein Ruhr City“ wirbt damit, die Olympischen Spiele 2032 in Nordrhein-Westfalen, genauer in der Region Rhein-Ruhr auszutragen. Vor der offiziellen Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) plant die Initiative, die ansässigen Bürger*innen zu befragen. Über die genaue Form der Befragung herrscht wenig Einigkeit, sowohl zwischen als auch innerhalb der einzelnen Parteien. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, eine Übersicht der unterschiedlichen Positionen in den Städten und im Land darzustellen. Welche Ideen für eine Beteiligung der Bürger*innen zu Olympia gibt es und wie stehen die Parteien dazu?

Bundesgeschäftsführer Alexander Trennheuser

 

Referendum, Volks- und Bürgerentscheid und Befragung

Beim Referendum unterscheidet man zwischen Referenden, die das Parlament oder die Regierung initiieren können und so genannten fakultativen Referenden; nachdem ein Gesetz durchs Parlament gegangen ist, kann dabei mit einer Unterschriftensammlung ein Referendum erzwungen werden. Volks- und Bürgerentscheide können ohne Parlamentsbeteiligung, also von „unten“, durch Volks- oder Bürgerbegehren herbeigeführt werden. Volksentscheide finden auf Landes-, Bürgerentscheide auf Kommunalebene statt. Ratsbürgerentscheide werden vom Stadtrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit angesetzt. Das Ergebnis all dieser Abstimmungen ist verbindlich. Daneben gibt es noch die Bürgerbefragung, die aber stets rechtlich unverbindlich ist.

 

(Ober-)Bürgermeister*innen wünschen sich Olympia

Die (Ober-)Bürgermeister*innen der 14 Städte, die als Austragungsort in Frage kommen würden, sprechen sich gemeinsam für eine Bewerbung für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2032 aus. Für die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist die Zustimmung der Bürger*innen der Stadt Köln Voraussetzung für eine Bewerbung. Mit dieser Ansicht ist sie nicht allein. Nach unserer Recherche haben sich die Räte der betroffenen Städte unterschiedlich zu einer möglichen Bürgerbeteiligung geäußert. Während die Stadträte in Dortmund und Köln Ratsbürgerentscheide fordern, bevorzugen der Bonner und der Mönchengladbacher Stadtrat, dass das Land ein zentrales Bürgerbeteiligungsinstrument entwickelt. Nach Meinung des Stadtrats in Düsseldorf sollen in einem Referendum die Bürger*innen Düsseldorfs sowie der gesamten Region abstimmen. Ob die Abstimmung nur in der Rhein-Ruhr-Region oder in ganz NRW stattfinden soll und welches demokratische Instrument letztendlich für die Abstimmung genutzt werden soll, bleibt aber unklar.

 

Wie ist die Situation in den Städten?

In den Städten haben die unterschiedlichen Parteien unterschiedliche Forderungen und Meinungen zum Thema Olympiabewerbung. Insgesamt stehen die CDU-Kreisverbände der potenziellen Austragungsorte einer Bewerbung positiv gegenüber. In Köln ist die Zustimmung der CDU an bestimmte Bedingungen gebunden, wie zum Beispiel eine transparente Darstellung der Kosten für Land und Bund und die Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitskriterien der Vereinigten Nationen. Bei der Art der Bürgerbeteiligung am Entscheidungsprozess sind sich die Kreisverbände der CDU nicht einig: So werden einerseits nicht genauer erklärte Partizipationsprozesse der Bürger*innen gewünscht, andererseits werden kommunale Referenden, Bürgerentscheide oder -befragungen gefordert.

In zahlreichen Städten sprechen sich die FDP-Kreisverbände für eine Bewerbung und für eine Unterstützung der Initiative aus. Nur die FDP in Köln knüpft ihre Zustimmung, wie die CDU, an Bedingungen. Doch zu einer Bürgerbeteiligung haben sich die Kreisverbände der FPD bislang wenig und wenn, unterschiedlich geäußert. In Düsseldorf fordert die Partei Ratsbürgerentscheide, in Essen fordert die Partei beispielsweise eine Volksbefragung und in Köln einen „geeigneten“ Bürgerentscheid.

Viele der Kreisverbände vom Bündnis 90/Die Grünen sind sich darüber uneinig, ob sie einer Bewerbung offen und positiv oder eher kritisch und verneinend gegenüberstehen. Auch beim Thema Bürgerbeteiligung scheinen die Kreisverbände der Partei sich bisher nicht abgestimmt haben. Dennoch gibt es dieses Thema betreffend den gleichen Tenor: Es werden Bürgerbeteiligungsprozesse gefordert, die über eine reine Befragung hinaus gehen. So werden in den Kreisverbänden Ratsbürgerentscheide oder Bürgerentscheide gefordert.

Die SPD hat sich bisher erst in fünf der 14 betroffenen Städte zu einer möglichen Teilnahme geäußert — diese haben sich aber für eine Olympiabewerbung ausgesprochen. Wie auch Bündnis 90/Die Grünen scheinen sich die Kreisverbände der SPD beim Thema Bürgerbeteiligung uneinig zu sein. In Duisburg fordert die SPD einen nicht weiter definierten Partizipationsprozess der Bürger*innen, in Düsseldorf ein Referendum und in Köln einen Bürgerentscheid.

Die Linke in den Kreisverbänden scheint einer Bewerbung beim IOC insgesamt kritisch gegenüber zu stehen — in Bonn, Essen und Köln ist die Partei gegen die Initiative Rhein Ruhr City 2032. Es werden unterschiedliche Formen von direkter Demokratie mit abschließendem Votum gefordert, wie Ratsbürgerentscheide in allen betroffenen Kommunen und Bürger- und Volksentscheide.

 

Was fordern die Landesparteien?

Die schwarz-gelbe Landesregierung NRWs äußert sich eher verhalten zu einer Beteiligung der Bürger*innen. Zunächst müsse entschieden werden, in welchen Bereichen und zu welchem Zeitpunkt es Bürgerbeteiligung bedarf. Das sagen die Landesparteien zur Olympiabewerbung an sich: Die Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU, SPD und FDP NRW befürworten eine Olympiabewerbung. Dagegen äußert sich die AfD NRW kritisch: Erst wenn die Rahmenbedingungen stimmen, erwögen sie eine Unterstützung der Initiative.

Das sagen sie Landesparteien zur Bürgerbeteiligung: Die Linke NRW fordert als Bürgerbeteiligungsformat eine gesetzliche Regelung für ein fakultatives Referendum. Das umfassendste Konzept haben bislang das Bündnis/Die Grünen NRW vorgelegt. Erst lokale Bürgerräte nach den Vorbildern Baden-Württemberg und Vorarlberg und für überregionale Fragen landesweite Bürgerräte, dann eine landesweite Abstimmung. CDU und FDP NRW wollen Bürgerbeteiligungsformate, die bislang nicht weiter erläutert wurden. Die SPD NRW fordert eine landesweite Bürgerbefragung, wobei das Ergebnis unverbindlich wäre, wohingegen die AfD NRW eine verbindliche Volksabstimmung wie bei der Hamburger Olympia-Bewerbung fordert.

 

Braucht NRW einen Olympia-Volksentscheid?

Eine Bewerbung für die olympischen Spiele 2032 ist eine Entscheidung von großer Tragweite mit Auswirkungen auf Millionen Bürger*innen in NRW. Aus Sicht von Mehr Demokratie ist es daher sinnvoll, die Bürger*innen direktdemokratisch zu beteiligen. Den elegantesten Weg stellt aus Sicht von Mehr Demokratie die Einführung des fakultativen Referendums dar. Die Bevölkerung hätte durch Unterschriftensammlung die Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Zeit nach einem Parlamentsbeschluss eine Volksabstimmung zu verlangen und erhielte damit ein Vetorecht. Ob dieses Veto gegen eine Olympiabewerbung überhaupt erhoben würde oder ob sich die Menschen in NRW möglicherweise bereits überzeugt sind und es gar keine Volksabstimmung braucht, würde sich so zeigen können.

 

Weiterführende Links:

  • Alexander Trennheuser, Bundesgeschäftsführer von Mehr Demokratie, erklärt im Video verschiedene Möglichkeiten der Bürgerbefragung zu Olympia

 

Pressemitteilung

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