Demokratie-Aufbruch in NRW?!

Was steht im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-grünen Landesregierung? Wir haben den Demokratie-Check gemacht.

 

Erstmals in der Geschichte des Landes wird Nordrhein-Westfalen von einer schwarz-grünen Koalition regiert. Ministerpräsident Hendrik Wüst ist im Amt vereidigt, die Ressorts zwischen den Parteien aufgeteilt und so langsam nimmt die Regierungsarbeit Fahrt auf. An Herausforderungen mangelt es gewiss nicht: Klimakrise, soziale Ungleichheit, Kriegsfolgen... und immer mehr Menschen, die sich von der Demokratie abwenden! Darauf muss die neue Regierung Antworten geben. Und siehe da: Zur Demokratie steht im Koalitionsvertrag wirklich Vielversprechendes!
 
Ein guter Koalitionsvertrag allein bringt uns aber noch keinen Demokratie-Sommer. Entscheidend wird die konkrete Umsetzung der Vorhaben sein und die werden wir sehr aufmerksam begleiten. Nach meiner Zählung verdienen mindestens sieben Punkte aus dem Koalitionsvertrag in den nächsten Jahren unser besonderes Augenmerk:
 

  1. „Wir wollen direkte Demokratie erleichtern“: Einsetzung einer Fachkommission, die Vorschläge entwickelt 
  2. Durchführung von zwei gelosten Bürgerräten
  3. Einführung eines Lobbyregisters samt legislativem Fußabdruck
  4. Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz
  5. Wahlalter 16 bei Landtagswahlen
  6. Etablierung eines Austausch- und Beratungsnetzwerkes für Bürgerbeteiligung
  7. Stärkung der Demokratie in Kommunen durch eine Experimentierklausel


Drei Punkte möchte ich herausgreifen und etwas näher einordnen.

Fachkommission zur direkten Demokratie
Die Fachkommission soll Vorschläge zur Absenkung der Hürden bei Volksbegehren entwickeln. Dabei liegen die nötigen Vorschläge schon seit Jahren auf dem Tisch: Unterschriftenhürde runter, Finanztabu streichen! Das hatte bereits 2016 eine Verfassungskommission empfohlen. Wir hätten uns hier also ein beherzteres Vorgehen gewünscht. Klar ist aber auch, die direkte Demokratie erfährt aktuell nicht nur Gegenliebe, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurden zuletzt Regeln verschärft. Davon sind wir in NRW glücklicherweise weit entfernt. Mit der Fachkommission gehen wir womöglich den entscheidenden Schritt, um Volksbegehren auch hier endlich nutzbar zu machen.

Geloste Bürgerräte
Die neue Regierung hat sich vorgenommen, zwei landesweite Bürgerräte zu ausgewählten Themen durchzuführen. Wir werben bereits länger für dieses Beteiligungs-Format, bei dem die Teilnehmenden per Losverfahren und möglichst nach einem Abbild der Bevölkerung ausgewählt werden. Die große Stärke von Bürgerräten besteht darin, dass nicht nur „die üblichen Verdächtigen“ zu Wort kommen, sondern auch diejenigen, die sonst häufig überhört werden: Alleinerziehende, Menschen ohne Hochschulabschluss oder mit Migrationshintergrund – um nur ein paar zu nennen. All diese Stimmen braucht es, um gute politische Entscheidungen für möglichst viele Menschen im Land zu treffen. Geloste Bürgerräte sollten jedoch nicht mit Erwartungen überfrachtet werden. Sie können einen wichtigen Beitrag zum Gelingen unserer Demokratie leisten, am Ende lebt diese aber vom Zusammenspiel zwischen repräsentativer und direkter Demokratie und eben solchen ergänzenden Beteiligungsverfahren.

Transparenz & Lobbykontrolle
Schließlich möchte ich noch die Punkte Transparenz und Lobbykontrolle ansprechen, die für mich eng zusammengehören. Die Regierung plant zu überprüfen, wie das bestehende Informationsfreiheitsgesetz zu einem echten Transparenzgesetz weiterentwickelt werden kann. Außerdem sieht der Koalitionsvertrag die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters samt legislativem Fußabdruck vor. Lange hatte sich vor allem die CDU in NRW gegen ein Lobbyregister gesperrt, zwischenzeitlich fand jedoch eine Kurskorrektur statt. Dubiose Maskendeals und fragwürdige Nebeneinkünfte waren daran vermutlich nicht ganz unschuldig – und wir begrüßen diesen Schritt ganz ausdrücklich! Denn Transparenz ist eine Grundlage unserer Demokratie: Nur wer die Fakten kennt, kann fundiert Kritik üben, auf Entscheidungen reagieren und sich auf Augenhöhe mit unseren Politikerinnen und Politikern auseinandersetzen.
 
Eine Reform der direkten Demokratie, geloste Bürgerräte sowie mehr Transparenz und Lobbykontrolle – das waren auch die drei Säulen unserer Kampagne zur Landtagswahl und des dazugehörenden Aufrufs „Mitmachen möglich machen!“. Seit Anfang des Jahres tingelten wir mit Infoständen durchs Land, organisierten Podiumsdiskussionen und führten unermüdlich Gespräche mit Abgeordneten aller demokratischen Parteien. Das waren aufregende und ehrlich gesagt auch ziemlich anstrengende Monate fürs Team. Und die eigentliche Arbeit beginnt ja erst! Es kommt jetzt auf eine kluge und zügige Umsetzung der Punkte aus dem Koalitionsvertrag an und die wird kein Selbstläufer. Der neuen Regierung werden wir deshalb ganz genau auf die Finger schauen, darauf kannst du dich verlassen!

Am besten geht das übrigens mit deiner Unterstützung!

Pressemitteilung

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