Köln. Nordrhein-Westfalen soll ein demokratischeres Wahlrecht bekommen. Und die Bürgerinnen und Bürger des Landes können das kommende neue Wahlverfahren bereits jetzt im Internet auf der Seite der Initiative Mehr Demokratie testen. Unter www.mehr-demokratie.de/nrw.html wird erklärt, wie die Wähler in Städten und Gemeinden in Zukunft die von ihnen favorisierten Kandidatinnen und Kandidatinnen für den Stadtrat gezielt fördern können. Mit diesem Kumulieren und Panaschieren genannten Wahlrecht können unbeliebte Politiker aber auch abgewählt werden.
Kumulieren und Panaschieren gibt es als Wahlrecht bereits in zwölf von 16 Bundesländern. Lediglich in Berlin, Bremen, NRW und im Saarland gilt noch das nach Ansicht von Mehr Demokratie altmodische Wahlrecht, bei dem die Wähler die Kandidatenliste einer Partei nur unverändert akzeptieren oder in Gänze verwerfen können. CDU und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, die Einführung dieses differenzierteren Wahlrechts zu prüfen. Auch die Grünen befürworten dessen Einführung, nur die SPD lehnt das Wahlverfahren als zu kompliziert ab. Im Herbst soll über das Thema im Landtag beraten und entschieden werden.
Nach dem Vorschlag von Mehr Demokratie sollen die Bürger in Zukunft bei Kommunalwahlen so viele Stimmen bekommen, wie der Gemeinderat Sitze hat. Hat ein Rat so etwa 15 Mitglieder, erhalten die Wähler 15 Stimmen. Von diesen 15 Stimmen können sie bis zu drei auf einen Kandidaten häufeln. Auch können die Stimmen auf Kandidaten verschiedener Parteien verteilt werden. Nicht gewollte Kandidaten kann man sogar ganz von der Liste streichen. Wer hingegen mit dem Wahlvorschlag einer Partei zufrieden ist, kann diesen weiterhin mit einem einzigen Kreuz bestätigen. Vorteil dieses Wahlsystems ist die Möglichkeit, die Reihenfolge der Kandidaten auf den Wahllisten der Parteien noch einmal zu verändern. Mandatsbewerber mit eigentlich aussichtlosen Listenplätzen können so plötzlich auf der Liste ganz oben stehen, Spitzenkandidaten zu Schlusslichtern werden. Mit diesem Wahlrecht können die Bürger also Politiker belohnen und bestrafen. Auf der Internetseite von Mehr Demokratie kann man einen entsprechend gestalteten Wahlzettel probeweise online ausfüllen.
Die Erfahrungen in anderen Bundesländern sind durchweg positiv. So konnten sich nach der Einführung von Kumulieren und Panaschieren in Hessen bei der Kommunalwahl 2001 einzelne Kandidaten um bis zu 57 Listenplätze verbessern. In Dreieich schaffte es ein SPD-Kandidat an allen etablierten Politikern vorbei sogar von Listenplatz 21 auf den ersten Platz. Kumulieren und Panaschieren gibt den Bürgern mehr Macht und schenkt Politikern mehr Unabhängigkeit, sagte Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Mit dem Internetangebot wolle man Skeptikern dieses Wahlrecht nun schmackhaft machen.
Pressesprecher