Mehr Demokratie hält diese Sicht für nichtzutreffend „Das Ziel des Bürgerbegehrens in Paderborn ist die Rücknahme des Neubau-Beschlusses. Die Verwaltung ist frei darin, die Folgekosten dieses Begehrens zu schätzen. Dass die Initiatoren zur Erteilung der Kostenschätzung Alternativen vorlegen müssen findet sich in der Gemeindeordnung schlicht nicht", sagte Alexander Trennheuser, Landesgeschäftsführer der Initiative Mehr Demokratie. Der Landrat stelle völlig überzogene Anforderungen. "Die Kostenschätzung ist keine Festlegung auf einen verbindlichen Kostenplan. Sie spielt auch bei der späteren Umsetzung keine Rolle mehr, sondern soll Bürgerinnen und Bürgern einen Eindruck über die Folgekosten eines Bürgerbegehrens verschaffen. Dass Stadtrat und Verwaltung mit den Folgen eines Bürgerbegehrens umgehen müssen, hat bei allen 385 bisher in NRW erfolgreichen Begehren gut funktioniert."
Der Paderborner Stadtrat hatte im November 2018 mit den Stimmen von CDU, SPD und Linksfraktion eine umfangreiche Neugestaltung der Stadtverwaltung in zentraler Lage beschlossen. Die 70 Millionen Euro-Pläne des Stadtrats sehen den Abriss und die Sanierung mehrerer Gebäude sowie einen Stadthausneubau am Marienplatz vor. Dort sollen voraussichtlich ein Bürgerbüro, eine Kinder- und Computerbibliothek und ein Café untergebracht werden. Das Bürgerbegehren gegen den Neubau des Stadthauses möchte den zentralen Neubau am Marienplatz verhindern. Aus Sicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens stehen die Kosten für den Neubau in keinem Verhältnis zu dessen Nutzen. Darüber hinaus sei dieser ein Prestigeprojekt und entspreche nicht dem tatsächlichen Bedarf der Stadt.
Die Kostenschätzung bei Bürgerbegehren ist in NRW seit 2011 vorgeschrieben und führt regelmäßig zu Problemen. Die Bonner Verwaltung verrechnete sich 2018 bei einem Bürgerbegehren und musste nach erfolgreicher Klage vor dem Verwaltungsgericht ihre Schätzung auf ein Zehntel der ursprünglichen Summe korrigieren. In Porta Westfalica verzögerte sich 2017 ein Bürgerbegehren satte 231 Tage, bis die Stadt eine Kostenschätzung vorlegte. In Elsdorf sah sich die Stadt im selben Jahr bei gleich bei zwei Bürgerbegehren außerstande, überhaupt eine Kostenschätzung abzugeben. „In Bayern, dem Land mit der größten Zahl an Bürgerbegehren kommt man vollständig ohne Kostenschätzung aus, diese Anforderung sollte endlich auch in NRW aus der Gemeindeordnung gestrichen werden“, fordert Trennheuser.