Update zur Kommunalwahl 2020 – Phase eins ist geschafft

Im Mai veröffentlichte Mehr Demokratie e.V. NRW ein Eckpunktepapier, in dem Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die Kommunalwahl trotz Corona fair verlaufen kann. Es wurden 10 Forderungen für die drei Phasen der Wahl, Vorwahlkampf – Wahlkampf – Wahltag, festgehalten, für die erste Phase beispielweise eine Senkung oder Abschaffung des Unterschriftenquorums für neu antretende Wählergemeinschaften und Parteien, Hilfe von Seiten der Kommunen beim Finden geeigneter Räume für die Aufstellungsveranstaltungen sowie eine Wahlkampfkostenerstattung. Von diesen Forderungen wurde nur eine in einem Gesetz konkret umgesetzt: die Senkung des erforderlichen Unterschriftenquorums.

 

Mit dem 27.07. ging die erste Phase, der Vorwahlkampf, zu Ende. Anlass genug, einen Blick zurück zu werfen und unsere Forderungen mit der Realität abzugleichen. Dafür haben wir mit Rainer Ritsche, unabhängiger Kandidat für das Bürgermeisteramt in Wülfrath, Marcel Hövelmann von der Kölner Wählergemeinschaft GUT Köln, Lukas Fix von der Klimaliste Düsseldorf und Flocke „Frank“ Fischer von Die Partei aus Dortmund gesprochen.

 

Mit Bezug auf die Aufstellungsveranstaltungen machten die Vertreter unterschiedliche Erfahrungen. Besonders problematisch lief es zum Beispiel für die Wählergemeinschaft GUT Köln. Die Veranstaltungen waren für März geplant, konnten aber wegen Corona nicht durchgeführt werden. „Wir haben dann wiederholt bei der Stadt Köln nachgefragt, entweder über politische Anfragen oder über direkte Anfragen, da konnte man uns aber nicht weiterhelfen. Erst nach den ersten Lockerungen Mitte/Ende Mai konnte uns die Stadt eine Auskunft geben, bei der Suche nach passenden Räumen wurde uns allerdings nicht geholfen, da wurden wir größtenteils alleine gelassen.“, so Hövelmann. Größere Parteien hätten diese Hilfe bekommen, sagt er.

Mehr Demokratie hat in dem Papier ausdrücklich gefordert, dass allen Parteien geholfen wird. Ähnliche Erfahrungen machte die Klimaliste Düsseldorf: Die erste Aufstellungsveranstaltung wurde digital abgehalten, die Wahl fand dann in einem offenen Raum statt. Hier stand eine Wahlurne, bei der alle Mitglieder über den Tag verteilt wählen konnten. Lukas Fix sagt, dass dieser Prozess im Vorhinein mit dem Kommunalwahlleiter so abgestimmt worden sei, der Landeswahlleiter die Wahl für unzulässig erklärt habe. Deshalb wurde eine Präsenzveranstaltung in einer Gartenanlage nachgeholt. Die Stadt Düsseldorf habe wohl auf Anfrage Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, dies habe man aber erst nach der Veranstaltung erfahren. „Wir hätten uns gewünscht, dass die Stadt sich von sich aus gemeldet hätte. Abgesehen davon war die Verwaltung allerdings sehr hilfsbereit und freundlich trotz Mehrarbeit wegen der Corona-Krise.“, so Lukas Fix.

Mehr Glück hatte da Die Partei in Dortmund. Zwar mussten sie ihre Aufstellungsveranstaltung aufgrund der Neueinteilung der Wahlkreise wiederholen, dafür konnten sie aber auch die zweite Veranstaltung noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie über die Bühne bringen. Einzig die Frage nach einer Kostenrückerstattung für die erste Veranstaltung müsse noch geklärt werden.

 

Alle Befragten konnten die Unterschriftensammlung fristgemäß und erfolgreich abschließen, auch wenn es bei dem ein oder anderen zeitlich eng wurde.

Eins haben alle gemeinsam: es wurde auf eher unkonventionellen Wegen gesammelt, damit die Corona-Maßnahmen eingehalten werden können. Die Partei Dortmund setzte auf die digitale Unterschriftensammlung. „Während des Corona-Lockdowns war aufgrund der notwendigen Kontaktbeschränkungen ein klassischer Straßenwahlkampf unmöglich. Unterstützerunterschriften einzuholen war uns also zunächst nur auf digitalem Wege möglich, unser Landesverband hat uns dabei sehr vorbildlich unterstützt.“, so Fischer von der Partei Die Partei. Ebenfalls digital sammelte die Klimaliste Düsseldorf. Es wurde eine Internetseite mit einer interaktiven Karte von Düsseldorf eingerichtet, auf der man das für seinen Bezirk zugehörige Formular finden konnte. Dieses konnte man sich ausdrucken oder einen „Lieferservice“ bestellen, der das Formular bringt und abholt.  

Bei der Wählergemeinschaft GUT Köln wurde es zum Ende hin zeitlich knapp, Marcel Hövelmann sagt, dass es vergleichsweise lange gedauert habe, bis die Stadt Köln die Unterschriftenlisten herausgegeben hätte. Diese seien zunächst fehlerhaft gewesen und mussten erneut ausgestellt werden, was den Start der Unterschriftensammlung weiter verzögerte. Hier wurden Unterschriften hauptsächlich über Bekanntennetzwerke gesammelt.

Rainer Ritsche sammelte die Unterschriften „klassisch“ auf der Straße. „Ein paar Tage später habe ich dann ebenfalls über die Presse Sammelaktionen für die Unterschriften angekündigt, nachdem ich die Genehmigung zum Aufstellen eines Wahlstandes beim Ordnungsamt eingeholt habe. Dann hieß es Desinfektionsmittel, Stehbiertisch und Kugelschreiber kaufen und ab damit in die Fußgängerzone. Zweimal habe ich mich dort mit zwei Tischen platziert und hatte dabei die Unterstützung eines Freundes. Das war ein ganz schöner Aufwand, gleichzeitig auf Abstandsregeln, die regelmäßige Desinfektion der Tische und die Ausgabe neuer Kugelschreiber zu achten. Nach diesen beiden Aktionen hatte ich etwa 125 Unterschriften zusammen.“, so Ritsche.

Die drei befragten Parteien und Wählergemeinschaften geben alle an, dass ihnen die Senkung des Unterschriftenquorums und die Fristverlängerung zu Gute kam. Dazu sagt Lukas Fix von der Klimaliste Düsseldorf: „Die Änderungen waren eine große Hilfe. Da wir das ganze ja zum ersten Mal machen und noch eine sehr junge Wähler*innengemeinschaft sind, die sich dieses Jahr erst gegründet hat war vor allem die Extrazeit eine große Erleichterung. Dafür also auch ein großes Dankeschön an euch das Ihr euch mit uns dafür eingesetzt habt diese Erleichterungen zu bewirken.“. Für Rainer Ritsche kam die Senkung der Hürden zu spät, da hatte er bereits die erforderliche Menge an Unterschriften gesammelt gehabt. Er meint: „Die Corona-Epidemie war schließlich schon lange bekannt. Dafür, dass das Land den Kommunen durch den Erlass neuer Corona-Schutzverordnungen manchmal nur wenige Stunden für die Umsetzung neuer Vorschriften zubilligt, hat man sich da recht viel Zeit gelassen.“. Marcel Hövelmann von GUT Köln ist der Meinung, dass die Hürde noch weiter hätte gesenkt werden müssen.

 

Eine Forderung von Mehr Demokratie, die unbeantwortet blieb, war die nach der Finanzierung. Grade Kandidaten für das Bürgermeisteramt, die parteilos auftreten, haben noch nicht mal die Möglichkeit sich über Spenden zu finanzieren. Ohne eine Aussicht auf finanzielle Hilfe würden viele Kandidaten schon von vornerein vom demokratischen Prozess ausgeschlossen werden. Ritsche bezeichnet dies als ein grundlegendes „Demokratiehemmnis“.

 

Abschließend bleibt also festzuhalten: Die umgesetzten Forderungen haben den Parteien und Wählergemeinschaften geholfen, aber es hätte mehr gemacht werden können, besonders bei den Aufstellungsveranstaltungen. Die Senkung des Quorums und die Fristverlängerung zur Einreichung dieser Unterschriften haben insgesamt aber zu einem den Umständen entsprechend fairen Vorwahlkampf geführt. Die zweite Phase, der Wahlkampf, hat inzwischen begonnen. In wieweit sich diese fair und sicher gestalten wird, zeigt sich in den nächsten Wochen .

Pressemitteilung

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