Wie ein Bürgerbegehren in Köln für ein besseres Klima sorgen möchte

Bis spätestens 2030 nur noch Strom aus erneuerbaren Energien – das fordert die Bürgerinitiative „Klimawende Köln“ vom regionalen Energieversorger RheinEnergie. Der Clou: Die RheinEnergie AG ist ein Aktienunternehmen, welches zu 80% in kommunaler Hand liegt, wodurch ein Bürgerbegehren für mehr Ökostrom überhaupt erst möglich wird.

(c) Ute Bley, Klimawende Köln

Wir haben mit Tim Petzoldt, einem der Vertretungsberechtigten und Pressesprecher der Klimawende Köln, über das Bürgerbegehren gesprochen.

Mehr Demokratie: Tim, du bist einer der Initiatoren von „Klimawende Köln“. Worum geht es genau?

Die Klimawende Köln ist eine Bürgerinitiative, die sich Ende April 2019 nach einem Vortrag vom „Umweltinstitut München“ und von Bürgerbegehren Klimaschutz über lokalen Klimaschutz mittels Bürgerbegehren zusammengefunden hat. Unsere Vision ist ein klimaneutrales Köln 2030. Denn wir finden, dass Deutschland als Industrieland und aufgrund seiner historischen Verantwortung schneller klimaneutral werden muss als bis zum Jahr 2050. Das NewClimate Institute zum Beispiel hat ausgerechnet, dass Deutschland unter Gerechtigkeitsaspekten um das Jahr 2030 klimaneutral werden müsste. Das muss also auch für uns in Köln gelten! Wir fokussieren uns zunächst auf den Energiesektor, da dort die Emissionen in Köln am höchsten sind. Hier in Köln haben wir auch das Glück, dass unsere städtische Energieversorgerin – die RheinEnergie AG – noch mehrheitlich in kommunaler Hand liegt, d. h. wir haben als Bürgerinnen und Bürger Einfluss auf sie. Mit unserem ersten Bürgerbegehren fordern wir, dass die RheinEnergie ab 2030 nur noch Strom aus 100 Prozent  erneuerbaren Energien liefern soll. In einem weiteren Schritt möchten wir erreichen, dass auch die Wärmeversorgung der RheinEnergie zu 100 Prozent erneuerbar wird.

 

Mehr Demokratie: Für ein Bürgerbegehren benötigt man eine Kostenschätzung der Stadtverwaltung. Seit kurzem liegt diese vor. Wie geht es nun weiter?

In einem ersten Schritt brauchen wir für ein erfolgreiches Bürgerbegehren ca. 25.000 Unterschriften von kommunalwahlberechtigten Bürgern. Haben wir die Unterschriften zusammen, übergeben wir sie dem Rat der Stadt Köln. Dieser entscheidet zunächst, ob er das Bürgerbegehren für formal zulässig hält und dann, ob er dem Bürgerbegehren inhaltlich folgt. Wenn er dem Bürgerbegehren inhaltlich nicht folgen sollte, wird es einen Bürgerentscheid geben. Für einen erfolgreichen Bürgerentscheid müssen sich mindestens 10 Prozent der Kommunalwahlberechtigten für unsere Forderung aussprechen, das sind in Köln zurzeit ca. 82.000 Menschen. Gleichzeitig muss es aber auch insgesamt mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen geben. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid wirkt wie ein Ratsbeschluss, das heißt die Stadt muss unsere Forderung nach 100 Prozent Ökostrom bei der RheinEnergie umsetzen. Ursprünglich hatten wir geplant den Bürgerentscheid zeitgleich zur Kommunalwahl am 13.9.2020 zu machen. Weil die Stadtverwaltung aber deutlich mehr Zeit für die Kostenschätzung benötigt hatte, als wir erwartet haben, können wir jetzt erst beginnen.

 

Mehr Demokratie: Ein Bürgerbegehren bedeutet sehr viel Aufwand, der im Fall der„Klimawende Köln“ von Ehrenamtlern übernommen wird. Wie ist die Initiative organisiert, damit ihr alles zeitlich neben eurem Hauptberuf schafft?

Natürlich ist so ein Bürgerbegehren und die darum geplante Kampagne viel Arbeit, aber es macht auch unglaublich viel Spaß! Wir haben verschiedene Arbeitsgruppen, in denen sich Menschen spezieller mit einzelnen Aufgabenfeldern befassen, sodass die Arbeit gut auf vielen Schultern verteilt wird. Es gibt zum Beispiel die Expert*innen-AG, die sich um alle inhaltlichen Fragen kümmert und unsere Veranstaltungen plant und durchführt. Dann haben wir eine Aktions-AG, die öffentliche Aktionen plant. Sie hatte zum Beispiel für den 07. Juni eine Fahrraddemonstration zum Braunkohlekraftwerk Merkenich geplant und durchgeführt. Die Unterschriften-AG hat alles für die Unterschriftensammlung vorbereitet, so dass wir Samstag loslegen können. Und sie wird die Sammlung der Unterschriften in den nächsten Monaten koordinieren. Natürlich haben wir auch eine Öffentlichkeits-AG, die sich um Presseanfragen kümmert, die Website und die Sozialen Medien betreut. Unsere Finanz-AG kümmert sich um alles Finanzielle. Außerdem machen wir alle 14 Tage Video-Konferenzen, um uns zwischen den verschiedenen AGs auszutauschen. Alle sechs Wochen finden öffentliche Plena statt, bei denen alle interessierten Menschen eingeladen sind, unsere Initiative kennenzulernen und in einzelnen AGs reinzuschnuppern.

 

Mehr Demokratie: Wie man eurer Website entnehmen kann, führt ihr seit 2019 Gespräche mit der RheinEnergie. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit? Gibt es einen gewissen Konsens? 

Wir stehen in regelmäßigem Kontakt zur RheinEnergie und sind uns einig darin, dass die RheinEnergie klimaneutral werden muss. Nur beim Zeitraum, bis wann das geschehen soll, gibt es Differenzen: Die RheinEnergie strebt 2050 an, wir sagen, dass wir mit unserer historischen Verantwortung dieses Ziel schon 2030 erreicht haben müssen und dies auch können.

 

Mehr Demokratie: Darüber hinaus habt ihr euch auch zu Gesprächen mit Vertretern Kölner Parteien getroffen. Was nehmt ihr aus diesen Gesprächen mit ?

Wir haben mit allen größeren demokratischen Parteien im Kölner Stadtrat gesprochen, also der CDU, der SPD den Grünen, den Linken und der FDP. Wir haben uns immer zunächst erklären lassen, wie die Parteien sich zukünftig für mehr Klimaschutz einsetzen wollen. Unser Bürgerbegehren haben einige Ratsmitglieder eher skeptisch zur Kenntnis genommen. Aber Teile unserer Forderungen haben sich schon in einzelnen Wahlprogrammen niedergeschlagen. Und in jedem Fall haben wir das Thema Klimaschutz in den Wahlkampf hineingetragen: Köln klimaneutral bis 2030 – und die Energiewende der RheinEnergie!

 

Tim Petzoldt ist 42 Jahre alt und diplomierter Umweltchemiker. Inspiriert von der Broschüre „Klimawende von unten“ hatte er im April 2019 zur ersten Veranstaltung und Gründung der Klimawende Köln eingeladen. Am 28. Februar 2020 hatte Tim Petzoldt mit zwei weiteren Mitgliedern das Bürgerbegehren „100% Ökostrom bis 2030 – Da simmer dabei!“ der Stadtverwaltung vorgelegt.

 

Weitere Infos rund um die Klimawende Köln und die nächsten Veranstaltungen finden Sie hier.

Pressemitteilung

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