Abgestimmt! – Bürgerentscheid in Siegburg und dann?

 „Neubau oder Sanierung?“ ist eine Frage, mit der sich viele Städte konfrontiert sehen, wenn ihr Rathaus marode wird. Häufig bringen sich auch Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Diskussionen ein, indem sie ein Bürgerbegehren initiieren. Erst vor zwei Wochen wurde etwa in Ahlen über den Verbleib des Rathauses abgestimmt, mit dem Ergebnis: Neubau statt Sanierung. Um zu erfahren, wie es in Städten weiterging, bei denen es Bürgerentscheide über das örtliche Rathaus gab, haben wir mit Walter Bitter – einem Vertretungsberechtigten der Initiative „Siegburg 2010“ – über den Stand der Dinge in Siegburg und über seine Erfahrungen mit Bürgerbegehren gesprochen.

Wahlplakat der Initiative "Siegburg 2010" und Interviewpartner Walter Bitter, © Walter Bitter

 

Mehr Demokratie: In Siegburg ging es im Jahr 2010 zunächst nicht primär um die Entscheidung Neubau oder Sanierung, viel mehr sollte in der Innenstadt ein neues Einkaufscenter gebaut werden, welchem das Rathaus hätte weichen müssen. Nachdem Sie im Jahr 2010 zusammen mit der Initiative „Siegburg 2010“ erfolgreich einen Bürgerentscheid initiiert haben, bei dem sich die Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt des Rathauses ausgesprochen haben, wurde das Thema im Jahr 2018 erneut diskutiert. Und wieder setzten Sie sich für eine Sanierung ein. Am 02. Dezember 2018 fand erneut ein Bürgerentscheid statt, dieses Mal erwirkt durch den Rat, bei dem sich 70,20 Prozent der Wähler für den Erhalt des Rathauses aussprachen. Das ist ein deutliches Ergebnis.

Was ist seit dem Bürgerentscheid in Siegburg passiert? Wie läuft die Sanierung des Rathauses?

Walter Bitter: Seit dem sogenannten Ratsbürgerentscheid vom 02.12.2018 ist die Stadt Siegburg mit dem Sanierungsvorhaben aktiv geworden; nach offizieller Ausschreibung wurde ein Ingenieurbüro mit den Leistungen der technischen Gebäudeausrüstung beauftragt, und zwar unter Beteiligung des Sanierungsausschusses des Stadtrates. Zuvor war eine Projektmanagementfirma mit der Überprüfung der Marktpreise beauftragt worden. Für die Sanierung, insbesondere den Rückbau auf den Rohbau und die damit verbundene sachgemäße Entsorgung der Baumaterialien waren Proben wegen einer eventuellen Asbestbelastung entnommen worden, was durch die beauftragte Baufirma zu beachten ist. Die Stadtverwaltung prüft zur Zeit, ob und wie die Gebäudeenergieeffizienz weiter verbessert werden kann und schließlich, wie nach dem derzeitigen Bauzeitenplan - mit dem Rückbau soll Anfang 2021 begonnen werden - die Rathausbesatzung anderweitig im Stadtgebiet untergebracht werden kann.

Ich stelle anheim, die Richtigkeit meiner Darstellung und zusätzlich die Kostenplanung durch die Stadt bestätigen zu lassen.

 

Mehr Demokratie: Gegner der Sanierung befürchteten eine Kostenexplosion, ähnlich wie bei der Brandschutzsanierung des Siegburger Kreishauses. Denken Sie, dass so etwas bei der Sanierung des Rathauses auch noch erfolgen kann?

Walter Bitter: Eine Kostensteigerung - ob man das nun „Explosion" oder anders benennt, stelle ich anheim - wird bei einem über längere Zeit sich hinziehenden öffentlichen Bauvorhaben nie auszuschließen sein.

 

Mehr Demokratie: Waren Sie auch schon 2010 an der Bürgerinitiative beteiligt?

Walter Bitter: Ja, ich war schon 2010 an der Bürgerinitiative zusammen mit etwa 12 Personen beteiligt. Ich hatte u.a. das Amt des Kassenwarts übernommen; wir hatten ein Führungsteam mit 3 bis 4 Leuten gebildet (darunter einem Rechtsanwalt).

 

Mehr Demokratie: Was bedeutet es für Sie persönlich, maßgeblich an einem erfolgreichen Bürgerbegehren beteiligt gewesen zu sein? 

Walter Bitter: Das war eine enorme Genugtuung und hat mich dazu gebracht, mich einer politischen Partei (Die Grünen) anzuschließen, die mich dann als sachverständigen Bürger in den Sanierungsausschuss des Stadtrates entsandt haben.

 

Mehr Demokratie: Sie haben die gesamte Arbeit für die Bürgerinitiative ehrenamtlich ausgeführt. Wie gestaltete sich der organisatorische Aufwand? Gab es viele freiwillige Helfer? 

Walter Bitter: Die BI habe ich ehrenamtlich mitbetreut, was mir wohl nur als Pensionär möglich war.

 

Mehr Demokratie: Das Abstimmungsergebnis zeigte viel Zuspruch bei den Bürgern Siegburgs. Haben Sie diesen Zuspruch auch bei der Unterschriftensammlung erfahren?

Walter Bitter: Der später erfolgte Zuspruch war bei der Unterschriftensammlung noch nicht sonderlich zu erfahren. Es gab ja auch Gegner, die für die Einrichtung eines Einkaufscenters waren. Aber die weitere Innenstadtentwicklung hat uns dann bestätigt.

 

Mehr Demokratie: Können Sie sich vorstellen erneut in einer Bürgerinitiative aktiv zu werden?

Walter Bitter: Ja - das kann ich mir durchaus vorstellen, wenn ich dann auch infolge des fortgeschrittenen Alters kürzertreten müsste.

 

Mehr Demokratie: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben, Herr Bitter! 

 

Walter Bitter ist pensioniert, nachdem er lange Zeit als Richter im Bereich Arbeitsrecht an verschiedenen Gerichten bis hin zum Bundesarbeitsgericht tätig war. Nachdem er durch einen Freund auf den geplanten Abriss des Siegburger Rathauses aufmerksam wurde, engagierte er sich in der Bürgerinitiative „Siegburg 2010“. Als Kassenwart war er für das Einsammeln von Spenden verantwortlich und bedankte sich persönlich bei allen Geldgebern.

Pressemitteilung

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