Herdecke

Bürgerbegehren gegen Umzug von Grundschulen ohne Modellschule

Träger: Initiative "Stopp! Keine Umzüge ohne Modellschule"

 

Status: Bürgerentscheid ungültig

 

Aktuelles/Ergebnis: Der Rat der Stadt Herdecke hatte am 27. September 2012 gegen die Stimmen von SPD und Linken beschlossen, zum Schuljahr 2014/2015 die Grundschule Vinkenberg und die Grundschule Im Dorf umzusiedeln. Die Herdecker Grundschule im Dorf soll in das Gebäude der Hauptschule einziehen. Außerdem soll die Grundschule Vinkenberg 2014 in das Gebäude der früheren Grundschule Kirchende einziehen.

 

Hintergrund ist die geplante Einrichtung einer Modellschule. Die Stadt Herdecke möchte sich zum Schuljahr 2014/15 bei dem Land NRW um die Teilnahme an dem Schulversuch „PRIMUS“ bewerben. Hierbei handelt es sich um eine Modellschule, die die Jahrgänge 1 bis 10 zusammenfasst. Ziel soll die Erprobung eines längeren gemeinsamen Lernens in jahrgangsübergreifenden Gruppen sein.

 

Damit soll dem Wunsch vieler Eltern Rechnung werden, ihren Kindern einen möglichst hochwertigen Schulabschluss in Herdecke zu ermöglichen. Die Schule verbinde bewährte Pädagogik mit neueren Formen des Lernens, was sich bereits an guten und preisgekrönten Schulen bewährt habe. Die Modellschule umfasse die Jahrgänge 1 ‐ 10 und bietet alle Abschlüsse der Sekundarstufe 1 an. Die Schule stelle konsequent individuelle Förderung der Kinder in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Alle würden im Rahmen ihrer aktuellen Möglichkeiten gefordert und so gefördert, dass sie Spaß an mehr gewönnen. Das gemeinsame Lernen stehe im Vordergrund und werde in verschiedenen Jahrgangsmischungen stattfinden.

 

Nicht nur der demografische Wandel mit rückläufigen Schülerzahlen erzwinge Veränderungen, sondern auch das Anmeldeverhalten der Eltern für die weiterführenden Schulen, so die Stadt. Von den insgesamt 188 Grundschulkindern, die an eine weiterführende Schule kämen, würden im ersten Schritt nur 116 an Herdecker Schulen angemeldet. Die restlichen Kinder orientierten sich offensichtlich zunächst an andere auswärtige Schulen in Witten, Wetter, Hagen und Dortmund. Die Modellschule soll Eltern ermuntern und ermutigen, ihre Kinder an ihrem Heimatort Herdecke anzumelden.

 

Die Modellschule Herdecke soll das bisherige Gebäude der Hauptschule am Sonnenstein und später auch das Gebäude der Realschule im Schulzentrum nutzen. Die Grundschule Im Dorf soll umziehen und Bestandteil der Modellschule werden. Die Hauptschule und die Realschule sollen dann auslaufen. In Kirchende soll im Gebäude der ehemaligen Grundschule Kirchende erneut eine Grundschule untergebracht werden, um den Schülern in Kirchende/Westende weiterhin einen wohnortnahen Schulstandort zu bieten.

 

Eine Elterninitiative wollte den Ratsbeschluss mit einem Bürgerbegehren rückgängig machen. Durch die Umzüge müssten die Kinder beider Schulen über ein bis drei Jahre mit Schulbussen vom Vinkenberg nach Kirchende und umgekehrt transportiert werden, kritisierten die Bürgerbegehrensinitiatoren. Das von dem Schulministerium NRW ausgegebene Prinzip „Kurze Beine – kurze Wege“ werde missachtet. Die seit 40 Jahren im Stadtteil verwurzelte Grundschule Vinkenberg dürfe nicht für einen unnötigen Schultausch geopfert werden, da sie durch ihre Lage und Ausstattung den Kindern optimale Bedingungen biete und Gutachten zufolge auch in den kommenden Jahren genug Schüler haben werde.

 

Es drohe eine Unterversorgung in Kirchende. Hier könne eine einzügige Grundschule Vinkenberg die erwarteten 50 bis 70 Erstklässler pro Jahr nicht aufnehmen. Im Innenstadtbereich komme es mit dem Umzug der Grundschule im Dorf zu einem Überangebot an Grundschulplätzen. Über kurz oder lang werde so auch die traditionsreiche Robert-Bonnermann-Schule verdrängt. Falls die Modellschule nicht komme, blockiere die Grundschule im Dorf das jetzige Hauptschulgebäude. Für eine zukunftsfähige weiterbildende Schule für alle Herdecker Kinder sei dann kein Platz mehr.

 

Soweit die Herdecker Eltern die Modellschule annehmen und somit die Grundlage für eine erfolgreiche Teilnahme der Stadt an dem Schulversuch schaffen, bestanden seitens der Initiative keine Bedenken, dass die Grundschule im Dorf als Basis dieser Modellschule in das Schulzentrum und die Grundschule Vinkenberg dann ihrerseits in das Gebäude der alten Grundschule Kirchende umziehen und somit ihre Standorte tauschen.

 

Der Rat hatte in seiner Sitzung am 27. September 2012 trotz der geäußerten Bedenken der Eltern aber beschlossen, dass die Grundschulen in die jeweils neuen Gebäude auch dann zum Schuljahr 2014/15 umziehen sollen, wenn die Modellschule nicht errichtet wird. Hiergegen richtet sich der Widerstand der Elternschaft der Grundschule Vinkenberg. Ohne die Modellschule gebe es keinen sachlichen Grund, weshalb die beiden Grundschulen ihre Standorte tauschen und somit die Kinder beider Grundschulen für ein bis drei Jahre zu Schulbusfahrern werden müssten.

 

Die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren hatte am 19. November 2012 begonnen. Am 10. Januar 2013 hatten die Initiatoren 2.091 gültige Unterschriften hierfür bei der Stadt eingereicht. Der Stadrat hat das Begehren am 6. Februar 2013 abgelehnt.

 

Nach Meinung des Rates hätte eine Umsetzung des Bürgerbegehrens bedeutet, dass bei einem Nichtzustandekommen der Modellschule die Grundschule im Dorf in das Gebäude der ehemaligen Grundschule Kirchende hätte umziehen müssen. Auslöser für die gesamte Schuldiskussion sei gewesen, dass die Grundschule im Dorf nach klarer Weisung der Bezirksregierung Arnsberg nicht weiter mit sechs Klassen betrieben werden könne. Die Schule könne zukünftig nur ein- oder zweizügig betrieben werden. Aufgrund der finanziellen Situation der Stadt bei einem Umzug der Grundschule im Dorf in das Gebäude der Grundschule Kirchende hätte der Rat die notwendigen Voraussetzungen für eine Zweizügigkeit nicht schaffen können. Der dazu notwendige Umbau, der auch eine Erweiterung des Schulgebäudes hätte beinhalten müssen, hätte Kosten von 2,8 Millionen Euro verursacht. Eine solche Ausgabe sei bei gleichzeitigem Leerstand eines anderen Schulgebäudes nicht zu verantworten.

 

Die Grundschule im Dorf hätte also auf eine Einzügigkeit reduziert werden müssen. Das hätte zur Folge gehabt, dass viele Eltern und ihre Kinder hätten abgewiesen werden müssen. Ein Nichtumzug beider Schulen hätte für das Gebäude der Hauptschule am Sonnenstein bedeutet, dass es in kürzester Zeit leer gestanden hätte. Das wäre auch deshalb unverantwortlich gewesen, weil es erst vor wenigen Jahren für 1,4 Millionen Euro umfassend saniert worden sei. Die Stadt Herdecke stelle sich verantwortungsvoll dem demographischen Wandel. Im Schulbereich könne man sich teure Erweiterungen auf der einen Seite, leer stehende und ungenutzte Gebäude auf der anderen Seite, deren Wartung weiter Geld verschlingen würde, nicht leisten. Nach Meinung des Rates sei also ein Umzug der Grundschule im Dorf in das Gebäude der Grundschule Kirchende nicht zu verantworten. Dieser Umzug sei aber vom Bürgerbegehren bei einem Nichtzustandekommen der Modellschule gefordert worden.

 

Die Umzüge seien notwendig, da das Gebäude der Grundschule im Dorf in einem maroden Zustand sei, so die Stadt. Die etwa 180 Kinder suchten eine neue Heimat. Da die benachbarte, ehemalige Grundschule Kirchende zu klein für Schule inklusive Ganztagsbetreuung sei, solle die Grundschule im Dorf in das baulich gute und ausreichend große Gebäude der auslaufenden Hauptschule ziehen. Die Grundschule Vinkenberg mit ihrer Einzügigkeit soll dann in das Gebäude der Grundschule Kirchende ziehen.

 

Der Bürgerentscheid am 17. März 2013 war ungültig. Zwar votierten 64 Prozent der Abstimmenden für ein Bürgerbegehren gegen den Umzug von zwei Grundschulen, jedoch erreichte das Begehren nicht die vorgeschriebene Mindestzustimmung von 20 Prozent aller Stimmberechtigten. Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 21,5 Prozent.

 

Info:

  • Bürgerbegehren "Keine Umzüge ohne Modellschule"

  • Informationen zur Schulentwicklungsplanung der Stadt Herdecke

  • Informationen der Stadt Herdecke zum Bürgerentscheid

  • Bürgerentscheid: Das Abstimmungsergebnis

  • Aktuelles

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