Bilanz 2019: Rathäuser und Radwege häufigste Themen

Rathäuser und Radwege waren die Topthemen kommunaler Bürgerbegehren 2019 in NRW. Jeweils sechs Verfahren zum Ausbau von Radwegen und zur Frage des Erhalts oder Neubaus von Rathäusern waren Gegenstand kommunaler Bürgerbegehren in NRW. Das vermeldet der Fachverband Mehr Demokratie anlässlich der Veröffentlichung seiner Bürgerbegehrens-Jahresbilanz 2019 heute in Köln.

„Die Frage nach Erhalt oder Neubau eines Rathauses ist ein Bürgerbegehrens-Dauerbrenner“, berichtet Alexander Trennheuser, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Zu diesem Thema habe es auch in den Vorjahren regelmäßig Bürgerbegehren gegeben. Neu sei hingegen das Aufkommen sogenannter Radentscheide, also Bürgerbegehren für eine bessere Fahrrad-Infrastruktur. „2018 spielten diese noch überhaupt keine Rolle in NRW. Mit Blick auf die Radentscheide in Aachen, Bielefeld, Bonn und Essen sowie die landesweite Volksinitiative Aufbruch Fahrrad kann für 2019 aber geradezu von einem Boom gesprochen werden.“ 

Insgesamt wurden 31 Bürgerbegehren im Jahr 2019 neu eingeleitet und 18 Verfahren abgeschlossen. Die Gesamtzahl an neu eingeleiteten Bürgerbegehren ist damit im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, als Bürger 38 Verfahren neu auf den Weg brachten. Von den 18 abgeschlossenen Verfahren 2019 waren 8 erfolgreich im Sinne der Initiatoren, wurden also entweder vom Gemeinde- oder Stadtrat übernommen oder fanden in einem Bürgerentscheid eine Mehrheit. Der Anteil erfolgreicher Bürgerbegehren entspricht rund 45 Prozent und ist damit im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. 2018 waren 9 von insgesamt 23 abgeschlossenen Bürgerbegehren erfolgreich. 

Ebenfalls gestiegen ist die Zahl unzulässiger Bürgerbegehren. Erreichte diese im Jahr 2018 ihren langjährigen Tiefststand mit nur 3 unzulässigen Verfahren, kletterte die Zahl im Jahr 2019 mit 8 unzulässigen Bürgerbegehren wieder auf ihren Durchschnittswert. Die häufigsten Gründe für unzulässige Bürgerbegehren sind ungenaue Fragestellungen sowie unzureichende Begründungen. Mehrere Bürgerbegehren wurden auch wegen der Überschreitung zeitlicher Fristen für unzulässig erklärt. 

In 6 Fällen führten Bürgerbegehren 2019 zu einem Bürgerentscheid. Die Hälfte dieser Bürgerentscheide wurde im Sinne der Initiatoren entschieden. In Eitorf sprachen sich die Bürger für den Erhalt von Parkflächen aus. In Unna wurde für den Erhalt der Eishalle gestimmt und in Kirchlengern für den Bau einer Sauna im örtlichen Freizeitbad. Ein Bürgerentscheid in Geseke über die Marktplatzgestaltung wurde wegen zwei gegenläufiger Abstimmungsfragen im Rahmen eines Stichentscheids entschieden.

Neben den 6 durch Bürgerbegehren eingeleiteten Bürgerentscheiden, fanden 2019 darüber hinaus 4 Ratsbürgerentscheide statt. Ratsbürgerentscheide sind vom Stadt- oder Gemeinderat anberaumte Abstimmungen über Sachfragen. In Schloß Holte-Stukenbrock setzte der Stadtrat einen Ratsbürgerentscheid über den Standort einer Flüchtlingsunterkunft an. In Geseke stimmten die Bürger über die Gestaltung des Marktplatzes ab. In Delbrück wurde über einen Rathaus-Neubau und in Havixbeck über die Erweiterung eines Museums abgestimmt.  

Noch bewähren in der Praxis muss sich aus Sicht von Mehr Demokratie die Vorprüfung bei Bürgerbegehren. Seit Mai 2019 können die Initiatoren bereits vor Beginn der Unterschriftensammlung ihr Bürgerbegehren vom Gemeinde- oder Stadtrat auf Zulässigkeit überprüfen lassen. Bislang war dies erst nach der Unterschriftensammlung möglich. Bei Bürgern und Initiatoren sorgte dies mitunter für Frustration. So kam es nicht selten vor, dass Bürgerbegehren für unzulässig erklärt wurden, für die zuvor mehrere Tausend Unterschriften gesammelt wurden. „Mit der Einführung der Vorprüfung bei Bürgerbegehren ist ein erster wichtiger Schritt zur Abhilfe getan.“, so Trennheuser. Damit die Vorprüfung aber für Initiativen attraktiv wird, müssten als nächstes die Gemeinden die ohnehin vorgeschriebene Beratung und die Zulässigkeitsprüfung sinnvoll miteinander verknüpfen und verschränken. „Wenn Bedenken an der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens bestehen oder sogar anwaltliche Gutachten durch die Stadt in Auftrag gegeben werden, dann sollten diese Bedenken und Unterlagen bereits im Beratungsprozess den Initiativen auch zugänglich gemacht werden“, forderte Trennheuser zu einem Umdenken auf. Denn nach Abschluss der Vorprüfung könne ein Bürgerbegehren nicht mehr verändert werden. Andernfalls würde die Vorprüfung die Initiierung eines Bürgerbegehrens nicht erleichtern.