Hessen können über Verfassung abstimmen, NRW-Bürger nicht
In Hessen können die Bürgerinnen und Bürger am Sonntag über eine Reihe von Änderungen der Landesverfassung abstimmen. Hintergrund ist, dass Verfassungsänderungen in Hessen anders als etwa in NRW obligatorisch vom Volk beschlossen werden müssen. Beim aktuellen Referendum geht es um 15 Verfassungsänderungen wie die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung, die Förderung von Sport, Kultur und Ehrenamt oder die formelle Abschaffung der Todesstrafe, die durch das über den Landesverfassungen stehende Grundgesetz de facto auch in Hessen bereits seit langem verboten ist. Auch die direkte Demokratie steht auf dem Stimmzettel.
Eine Enquetekommission des Landtags hatte die Änderungsvorschläge in zweijähriger Arbeit entwickelt. Die Kommission bestand aus Abgeordneten des Landtags und wurde von einem Beratungsgremium begleitet, das sich aus Institutionen und Personen der Zivilgesellschaft zusammensetzte. Die Bürger wurden durch Bürgerforen, einen Schülerwettbewerb und eine öffentliche Anhörung in die Beratungen einbezogen.
„Wir würden uns obligatorische Verfassungsreferenden auch in Nordrhein-Westfalen wünschen. Eine Verfassung schreibt die demokratischen Rechte der Bürger fest, deshalb sollten diese auch bei Änderungen ihrer Bürgerrechte die letzte Entscheidung treffen dürfen“, sagt Alexander Trennheuser, Landesgeschäftsführer der Initiative „Mehr Demokratie“. Obligatorische Verfassungsreferenden stärkten außerdem das Verfassungs- und Staatsbewusstsein.
Obligatorische Referenden über Änderungen der Landesverfassung gibt es neben Hessen auch in Bayern. In Hessen gab es vor der Abstimmung am Sonntag zuvor bereits sieben solcher Referenden, in Bayern waren es neun.
In Hessen steht diesmal auch die Senkung der Unterschriftenhürde für landesweite Volksbegehren auf dem Stimmzettel. Stimmen die Bürger zu, liegt das Quorum in Zukunft bei fünf Prozent aller Stimmberechtigten. Bisher müssen sich mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten in die Unterschriftenlisten eines Volksbegehrens eintragen.
„Mit dieser Reform wäre die Unterschriftenhürde in Hessen niedriger als in NRW, wo weiterhin acht Prozent aller Bürger ein Volksbegehren unterschreiben müssen. Der Landtag sollte das hessische Referendum zum Anlass nehmen, auch hierzulande die Regeln für Volksbegehren bürgerfreundlicher zu gestalten“, fordert Trennheuser.
Vor der letzten Landtagswahl hatten sich im Prinzip alle Landtagsfraktionen auf eine Reform der direkten Demokratie in NRW geeinigt. Uneinigkeit bei der Senkung des Wahlalters bei Landtagswahlen führte aber dazu, dass es letztlich nur zu einer kleinen Verfassungsreform kam. Volksbegehren und Wahlrecht blieben unangetastet.