Pressemitteilung

Verfassungsrichter entscheiden über Sperrklausel

Experten kritisieren Änderung des Kommunalwahlgesetzes

Der Verfassungsgerichtshof in Münster verkündet am morgigen Dienstag sein Urteil über eine Klage der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) gegen eine vom Landtag beschlossene Sperrklausel bei Kommunalwahlen. Das kündigte die Initiative "Mehr Demokratie" in Köln an.

 

Das Landesparlament hatte im vergangenen Jahr das Berechnungsverfahren für die Sitzverteilung in den Gemeindevertretungen umgestellt. Nach dem neuen Verfahren sollen Parteien und Wählergemeinschaften erst dann einen Sitz erhalten, wenn sie rechnerisch mindestens die Sitzzahl 1,0 erreicht haben. Erreicht eine Partei aufgrund ihrer Wählerstimmen bis zu 0,99 Sitze, wird anders als früher nicht aufgerundet. Erringt eine Partei mindestens einen Sitz, werden dagegen weitere Anteile ab 0,5 auf die nächsthöhere Sitzzahl aufgerundet.

 

Wahlrechtsexperten kritisieren diese Regelung. "Es ist erstaunlich, dass hier eine variable Sperrklausel eingeführt wurde, obwohl den Beteiligten bewusst war, dass es keine verfassungsrechtlich ausreichende Argumentation für eine solche Hürde gibt", erklärte Martin Fehndrich vom Internetportal Wahlrecht.de. Bei einem Wahlergebnis wie 1994 werde im nächsten Jahr die Hälfte aller Einmann-Fraktionen wegfallen, so der Mehr Demokratie-Mitstreiter, der bereits erfolgreich gegen das geltende Bundestagswahlrecht geklagt hatte.

 

Nach seinen Berechnungen kann die jetzige Regelung im Extremfall dazu führen, dass bei der Wahl kleiner Gemeinderäte auch Parteien mit mehr als acht Prozent der Stimmen nicht den Sprung in den Rat schaffen. Die Hürde für den Einzug in kleine Gemeinderäte liegt damit höher als zu Zeiten der Fünf-Prozent-Hürde, die 1999 von den Verfassungsrichtern für verfassungswidrig erklärt worden war. Fehndrich erkennt in der Gesetzesänderung "erschreckende handwerkliche Mängel".

 

Die ÖDP, die in einigen nordrhein-westfälischen Räten vertreten ist, sieht in der Wahlrechtsänderung eine unzulässige Benachteiligung kleinerer Parteien. Es werde ohne zwingenden Grund eine erhebliche Zugangshürde für den Einzug in die kommunalen Vertretungen geschaffen. Das neue Kommunalwahlgesetz sei schon deshalb verfassungsrechtlich bedenklich, weil Tausende von Wählerstimmen und damit der Wille vieler Bürger unberücksichtigt bleiben könnten. Die Landesregierung habe eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit von Kommunalparlamenten nicht nachweisen können, so dass ein hinreichender Grund für die Wiedereinführung einer Sperrklausel nicht gegeben sei.

 

Urteilsverkündung am 16.12.2008, 10.30 Uhr,

VGH NRW, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, Sitzungssaal I

 

Mehr Informationen: <link sperrklausel>Kommunalwahl: Streit über Sperrklausel

Pressesprecher


Jens Mindermann
Tel.: 0221 669 665 10
E-Mail: presse.nrwkein spam@mehr-demokratie.de

Fakten und Argumente