Pressemitteilung

Richter sehen Demokratielücke

Münster/Köln Das Oberverwaltungsgericht Münster hat den in Nordrhein-Westfalen fehlenden Schutz von Bürgerbegehren bemängelt. In einem am Dienstag ergangenen Urteil benannten die Richter die in der Gemeindeordnung fehlende rückwirkende Vertragsaufhebung durch einen Bürgerentscheid als Problem. Eine Lücke sei außerdem die fehlende Festlegung einer aufschiebende Wirkung von Bürgerbegehren.

 

Im aktuellen Fall ging es um die Zusammenlegung der Feuerwehrleitstellen von Solingen und Wuppertal. Oberbürgermeister Franz Haug (CDU) hatte im Februar 2004 nach einem entsprechenden Ratsbeschluss den Fusionsvertrag

mit der Stadt Wuppertal unterzeichnet. Ein kurz darauf von über 16.000 Solingern unterzeichnetes Bürgerbegehren gegen die Zusammenlegung der Feuerwehrleitstellen war für unzulässig erklärt worden. Begründung: Die Verträge waren bereits unterzeichnet und der Vorgang damit nicht mehr

rückholbar. Die Wählergemeinschaft Bürger für Solingen hatte als Initiatorin des Bürgerbegehrens gegen diesen Beschluss geklagt. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsauffassung der Stadt mit seinem Urteil jetzt bestätigt.

 

Die Initiative Mehr Demokratie bedauert das Urteil des Gerichts als Verschlechterung der Chancen für ähnliche Bürgerbegehren in NRW. "Ohne Not haben die Richter damit öffentlich-rechtliche Verträge dem Zugriff der Bürger

entzogen", kritisierte Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie am Donnerstag in Köln. Dies sei ein falsches Ermutigungssignal an Politiker und Verwaltungen, in ähnlichen Fällen vollendete Fakten zu schaffen, ohne den Verlauf von Bürgerbegehren abzuwarten.

 

Mehr Demokratie begrüßte aber den Hinweis der Richter an den Landtag auf die fehlende vollzugshemmende Wirkung erfolgreicher Bürgerbegehren. "Während in Bayern Bürgerbegehren nach Einreichen der erforderlichen

Unterschriften vor der Schaffung vollendeter Tatsachen geschützt sind, stehen Bürgerbegehren in NRW nackt da", so Schily.

 

Zuletzt hatte sich im Dezember der Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) diese Tatsache zunutze gemacht, als er einen Vertrag über den Verkauf der Anteilsmehrheit der Stadtwerke Düsseldorf an den Energieversorger EnBW unterzeichnete, obwohl binnen einer Woche rund 90.000 Düsseldorfer mit ihrer Unterschrift ein Bürgerbegehren hiergegen unterstützt hatten.

Pressesprecher


Jens Mindermann
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