„Wenn selbst die Verwaltung sich nicht in der Lage sieht, die Zulässigkeit einer Initiative ohne Unterstützung eines Fach-Anwalts zu bewerten, wie kann man das dann von Bürgerinnen und Bürgern erwarten?“ kritisiert Alexander Trennheuser, Landesgeschäftsführer der Initiative Mehr Demokratie. Die im Mai 2019 eingeführte Vorprüfung sei eigentlich eine Chance zur Kooperation zwischen Verwaltung und Bürgerinitiative. Trennheuser fordert deshalb in Zukunft zu einem grundsätzlichen Umdenken bei der Vorprüfung von Bürgerbegehren auf: „Wenn seitens der Verwaltung im Beratungsprozess Bedenken an der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens bestehen oder sogar anwaltliche Gutachten durch die Stadt in Auftrag gegeben werden, dann sollten diese Bedenken und Unterlagen vor Beginn der Vorprüfung auch zugänglich gemacht werden, damit Initiativen ihr Bürgerbegehren entsprechend anpassen können“. Denn nach Beantragung der Vorprüfung könne ein Bürgerbegehren nicht mehr verändert werden.
In inhaltlicher Hinsicht bezeichnet Trennheuser das Gutachten der Kanzlei Lenz und Johlen als „an mehreren Punkten mindestens wackelig“. So sehe der Gutachter etwa eine rechtliche Unsicherheit für den Fall, dass die zur Abstimmung stehende Frage im Bürgerentscheid mit „Nein“ beschieden werde. „Aus einem „Nein“ beim Bürgerentscheid erwächst aber keine Rechtsfolge. Schließlich entsteht ja auch aus einem Nein des Stadtrats zu einer Rats-Vorlage keine Grundlage für Verwaltungshandeln“, erklärte der Geschäftsführer. Auch in weiteren Punkten hätte der Gutachter die Rechtslage einseitig zu Ungunsten des Bürgerbegehrens ausgelegt.
Bereits vor der Vorprüfung hatte es in Oer-Erkenschwick Probleme mit dem Datenschutz sowie bei der Erstellung der Kostenschätzung gegeben. So wurde für kurze Zeit die Unterschriftenliste samt Adressen von Unterstützern des Begehrens im städtischen Ratsinformationssystem veröffentlicht. Vertreter des Bürgerbegehrens schalteten daraufhin die Landesdatenschutzbeauftrage ein. Diese stellt deutlich fest, dass für eine solche Veröffentlichung zwingend die Einwilligung der Beteiligten hätte vorliegen müssen. Aufgrund vermeintlich fehlender Informationen verzögerte die Verwaltung außerdem die Erstellung einer Kostenschätzung. Diese ist notwendiger Bestandteil eines Bürgerbegehrens und wird auf Antrag einer Initiative von der Verwaltung erstellt. Mehr Demokratie hatte diese Blockadehaltung der Verwaltung kritisiert, weil Ansprüche für die Herausgabe der Kostenschätzung formuliert wurden, die völlig unüblich seien.
Ein Bebauungsplan der Stadt Oer-Erkenschwick sieht eine Wohn- und Mischnutzung auf dem Gebiet des Stadtparks vor. Die Initiative „Rettet den Stadtpark“ richtet sich mit ihrem Bürgerbegehren gegen eine potenzielle Bebauung des Geländes. Ausschlaggebend für die Gründung der Initiative waren die Gespräche der Stadt mit einem Essener Investor. Dieser wollte auf dem Gelände des Stadtparks Wohnungen bauen und stellte ein entsprechendes Planungskonzept im Juli des vergangenen Jahres im Stadtrat vor. Zwischenzeitlich ist der Investor wieder von seinen Plänen abgerückt.
Pressemitteilung
„Rettet den Stadtpark“: Mehr Demokratie fordert Umdenken bei Vorprüfung
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