Pressemitteilung

Direkte Demokratie in NRW nur mittelmäßig

Mehr Demokratie fordert Vereinfachung von Volksbegehren

In Nordrhein-Westfalen sind die Spielregeln für Volks- und Bürgerbegehren im Ländervergleich nur mittelmäßig. Das ist das Ergebnis des neuen Volksentscheid-Rankings der Initiative „Mehr Demokratie“. In dem Ranking hat der Verein die Bürgerfreundlichkeit der direkten Demokratie auf Landes- und Kommunalebene miteinander verglichen. NRW landet dabei mit der Note „befriedigend“ nur auf Platz 7. „Der Landtag hat in den vergangenen Jahren viele Hürden abgebaut, aber einige sind immer noch zu hoch“, sagt Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser.

 

Besonders für Volksbegehren auf Landesebene gibt es schlechte Noten. „Die Bürger dürfen noch immer nicht über die Verwendung ihrer eigenen Steuern entscheiden. Dabei wollen viele Menschen gerne über die Finanzierung von Lehrer- oder Polizistenstellen oder die Förderung von Jugendeinrichtungen abstimmen“, meint Trennheuser. In der Schweiz seien Volksentscheide über Finanzfragen alltäglich, in Deutschland aber nur in Berlin und Sachsen möglich. Die Note 6 gibt es für das Fehlen von obligatorischen Volksabstimmungen über Änderungen der Landesverfassung.

 

Auf kommunaler Ebene vermisst man bei Mehr Demokratie die Möglichkeit zu Bürgerentscheiden über Großprojekte. Über den Neubau von Kraftwerken oder den Ausbau von Flughäfen dürfen die Bürger nicht abstimmen. In Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind Abstimmungen über solche Fragen hingegen erlaubt. Bayern gehört des-halb auch zusammen mit Bremen und Hamburg zum Spitzentrio des Volksentscheid-Rankings. Schlusslicht ist Baden-Württemberg.

 

Stark begrenzt sind Bürgerbegehren zum Bau neuer Einkaufszentren oder zur Ausweisung neuer Gewerbeflächen. Hier können die Bürger nur gegen die Aufstellung von Bebauungs- oder Flächennutzungsplänen vorgehen. Die Frist zur Unterschriftensammlung ist dabei auf knappe sechs Wochen begrenzt. „Mit Aufstellungsbeschlüssen müssen noch keine genauen Bebauungsvorgaben gemacht werden. Die Bürger wissen also nicht, was auf sie zukommt und werden frühzeitig in den Totalwiderstand getrieben, weil sie sonst die Frist verpassen“, erklärt Trennheuser das Problem.

 

Gegen überflüssige Hürden für die direkte Demokratie wendet sich auch Professor Hans-Joachim Lietzmann von der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung an der Universität Wuppertal. "Erst durch vermehrte, qualifizierte und unmittelbare Beteiligung der Bürger werden diese in die Verantwortung für das Gemeinwesen einbezogen. Nur wo eine solche Verantwortungsbeteiligung erfolgt, gibt es Solidarität und politische Toleranz. Und nur dort weckt nicht jede missliebige Entscheidung unmittelbar die Wut der Bürger“, so der Politikwissenschaftler.

 

Bis Ende 2012 gab es in allen Bundesländern zusammen 328 Volksinitiativen und Volksbegehren. Davon neun Volksinitiativen und zwei Volksbegehren in NRW. Hauptthemen waren Bildung und Kultur sowie Demokratie und Innenpolitik. In NRW läuft derzeit eine Volksinitiative gegen das Rauchverbot in Festzelten, ein Volksbegehren gegen die jüngste Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes ist in Vorbereitung. 19 Volksbegehren kamen zur Abstimmung. 30 Prozent der Initiativen aus den Reihen der Bürger waren erfolgreich. Besonders häufig begehren die Bürger in Bayern, Brandenburg und Hamburg mit Hilfe der direkten Demokratie auf.

 

Auf kommunaler Ebene gab es in Deutschland bis August rund 5.500 Bürgerbegehren und 3.000 Bürgerentscheide. Dabei fanden allein 2.092 Begehren in Bayern statt, jedoch nur 15 im Saarland. In NRW hat Mehr Demokratie bis August 660 Bürgerbegehren und 190 Bürgerentscheide gezählt. Zuletzt hatten am Tag der Bundestagswahl fünf Bürgerentscheide stattgefunden. Dabei ging es um Windräder, die Zukunft von Bädern, lokale Verkehrsprobleme und um einen Rathaus-Standort.

 

In Nordrhein-Westfalen haben SPD und Grüne vereinbart, Volksbegehren mit Auswirkungen auf den Landeshaushalt zu ermöglichen. Auch die Hürde von derzeit 1,1 Millionen Unterschriften soll gesenkt werden. Diese Fragen sollen auch in der vom Landtag eingesetzten Verfassungskommission beraten werden, die in Kürze ihre Arbeit aufnehmen soll. Bei kommunalen Bürgerbegehren sind keine Verbesserungen vorgesehen.

 

Mehr Informationen:

  • <link>Regeln für Volksbegehren nur ausreichend
  • <link>Regeln für Bürgerbegehren noch verbesserungsfähig
  • Pressesprecher


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