Mehr Demokratie fordert mehr Bürgerbeteiligung in Finanzfragen
Die Initiative „Mehr Demokratie“ fordert mehr Beteiligung der Bürger in der Haushaltspolitik des Landes. Anlass ist die heutige Verleihung des Reinhard-Mohn-Preises der Bertelsmann-Stiftung an ein Bürgerhaushalt-Projekt im brasilianischen Recife.
In der Hafenstadt können die Einwohner in Haushaltsfragen mitentscheiden. Jährlich bringen mehr als 100.000 Bürger Vorschläge ein, stimmen darüber ab und entsenden Delegierte, die die Umsetzung überwachen. Die Abstimmung erfolgt teilweise per Internet, es kommen aber auch mobile elektronische Wahlurnen zum Einsatz. Nach Bertelsmann-Angaben wurden seit der Einführung des Bürgerhaushalts 2001 mehr als 5.000 Projekte in die Wege geleitet und mehr als 200 Millionen Euro darin investiert. Dabei seien insbesondere die sozial schwachen Stadtteile gefördert worden. Auch Jugendliche beteiligten sich an den politischen Prozessen, indem sie eigene Schülerhaushalte erstellten.
Bürgerhaushalte finden auch in Deutschland immer mehr Verbreitung. Laut einer Auflistung der Internetseite Buergerhaushalt.de gibt es diese Form der Bürgerbeteiligung bereits in 28 nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden. In der Liste finden sich Städte wie Bonn, Essen, Köln, Mönchengladbach und Münster.
„Es wäre aber auch sinnvoll, die Bürger mehr an der Haushaltspolitik des Landes zu beteiligen“, sagte Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie. Die Grünen hatten auf ihrem letzten Parteitag im Mai in Emsdetten erstmals eine solche Forderung formuliert. „Ziel ist es, mit Hilfe eines offenen und transparenten Verfahrens eine breite Beteiligung der Menschen in NRW zu ermöglichen und ihnen Gelegenheit zu geben, an der Ausrichtung der Haushaltspolitik mitzuwirken “, heißt es in dem Beschluss.
„Die Bürger sollten den Landtag aber nicht nur in Haushaltsfragen beraten, sondern über die Verwendung ihrer Steuern auch selber entscheiden können“, fordert Slonka. Mehr Demokratie setzt sich deshalb dafür ein, dass der Ausschluss von Volksentscheiden über Haushaltsfragen aus der Landesverfassung gestrichen wird. Aufgrund des dort formulierten Finanztabus sind Volksabstimmungen etwa über die Förderung von Jugendeinrichtungen oder die Finanzierungen von Lehrer- oder Polizeistellen nicht erlaubt. „Bleibt dieses Demokratie-Verbot in der Verfassung, ist die von SPD und Grünen eingeleitete Vereinfachung von Volksbegehren nur ein halber Schritt“, so Slonka.
Der Landtag berät derzeit über einen Gesetzentwurf der beiden Fraktionen, mit dem die Durchführung von Volksbegehren erleichtert werden soll. Danach soll die bisher achtwöchige Eintragungsfrist auf ein Jahr ausgedehnt und die Eintragung in die Unterschriftenlisten an Infoständen oder auf Veranstaltungen ermöglicht werden. Derzeit müssen die Bürger hierfür noch die Rathäuser aufsuchen, in denen die Listen dann ausliegen.
Mehr Informationen: <link>Finanzen - Begehren verboten