Oberverwaltungsgericht ordnet Zulässigkeitserklärung an
Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hat dem Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) eine schallende Ohrfeige verpasst. In einer heute ergangenen Entscheidung zu einem Antrag auf Erklärung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens gegen den Verkauf eines Grundstücks am Golzheimer Friedhof ordneten die Richter an, dass das Begehren umgehend für zulässig erklärt werden muss.
Der Rat hatte das Bürgerbegehren im September und November zweimal für unzulässig erklärt, weil es Bauleitplanungsfragen berühre. Die nordrhein-westfälische Gemeindeordnung schließt Bürgerbegehren hierzu aus. Nach Auffassung des OVG steht ein Grundstücksverkauf aber in keiner direkten Verbindung zur Aufstellung eines Bebauungsplans. Deshalb seien Bürgerbegehren gegen Grundstücksverkäufe erlaubt.
Mitte Oktober hatte Oberbürgermeister Erwin zusammen mit der FDP-Fraktionsvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann einen Dringlichkeitsbeschluss zum Verkauf eines Grundstücks am Golzheimer Friedhof an die Victoria-Versicherung unterzeichnet und den Verkauf abgewickelt. Der Stadtrat hatte den Beschluss bestätigt. Laut Oberverwaltungsgericht ist ein sachlicher Grund für die Vertragsschließung schon zu diesem Zeitpunkt aber nicht ersichtlich. Der einzige Zweck des Dringlichkeitsbeschlusses sei es gewesen, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit die Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern.
Der wahre Sinn des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses sei es gewesen, einen Verkaufsstopp mit Hilfe der nur zwei Tage später in Kraft getretenen aufschiebenden Wirkung für Bürgerbegehren und einen darauf folgenden Bürgerentscheid zu umgehen, so die Richter. Der Respekt vor Bürgerbegehren hätte es aber vielmehr geboten, die direkte Entscheidungsmöglichkeit der Bürger zu akzeptieren und für einen Verkauf offensiv zu werben, statt zu versuchen, sich durch "überstürzte Vertragskonstruktionen" dem Votum der Bürger zu entziehen. So hätte binnen kurzem legitimierte Klarheit geschaffen werden können.
"Der Beschluss des OVG stärkt die Position aller Bürgerbegehren in NRW", kommentierte Daniel Schily, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie, die Richterentscheidung. Damit erfahre hoffentlich auch die teils restriktive Rechtsprechung anderer Gerichte zur direkten Demokratie eine Richtungsänderung.
Bürgerbegehren haben in Nordrhein-Westfalen nur sehr begrenzte Erfolgaussichten. 40 Prozent aller Begehren werden für unzulässig erklärt, jeder zweite Bürgerentscheid ist wegen einer eingebauten Abstimmungshürde wirkungslos. Zudem sind Bürgerbegehren zu vielen wichtigen kommunalpolitischen Themen wie etwa Stadtentwicklungsfragen gar nicht erst zulässig.
<link>Bürgerbegehren "Rettet den Golzheimer Friedhof"