Pressemitteilung

Bürger umgehen kommt teuer

Bochum muss 90 Millionen Euro bei Cross-Border-Leasing nachschießen

2003 hat die Stadt Bochum trotz gültigen Bürgerbegehrens gegen den Handel mit dem US-Versicherungskonzern AIG ein Cross-Border-Leasing-Geschäft über das städtische Kanalnetz abgeschlossen, jetzt muss die Kommune dafür zahlen. Gestern abend hat der Rat einen Nachtragshaushalt beschlossen, um den Ankauf von US-Staatsanleihen von 90 Millionen Euro zu finanzieren. Die Stadt ist per Vertrag mit dem aufgrund der weltweiten Finanzkrise in Schwierigkeiten geratenen Investor dazu verpflichtet. Werden die Anleihen bis zum 15. Januar nicht angekauft, droht eine Vertragsstrafe von 360 Millionen Euro.

 

Bei dem Handel ging es um die Vermietung und Rückmietung des städtischen Kanalnetzes auf 99 Jahre. Für den Investor winkten seinerzeit lohnende Steuervorteile in den USA, für Bochum sprang ein Gewinn von 20 Millionen Euro heraus. Nun ist der Deal zum Verlustgeschäft geworden.

 

Derweil ist man in Bergisch Gladbach froh, durch einen Bürgerentscheid den direkten Folgen der weltweiten Finanzkrise entkommen zu sein. In der Stadt bei Köln hatten die Wähler ebenfalls 2003 mit einem Bürgerentscheid den Abschluss eines geplanten Cross-Border-Leasings gestoppt. Hierbei sollte das lokale Abwasserwerk samt Kanalnetz an einen amerikanischen Investor vermietet und dann zurück geleast werden. In einem Bürgerentscheid hatten 96,5 Prozent der Abstimmenden gegen dieses Vorhaben gestimmt.

 

Das Unterlaufen des Bochumer Bürgerbegehrens war möglich, weil dieses seinerzeit noch keine aufschiebende Wirkung entfalten konnte. Seit vergangenem Jahr dürfen zulässige Bürgerbegehren bis zu einem Bürgerentscheid nicht mehr durch Handlungen von Bürgermeistern oder Räten konterkariert werden.

 

"Hinter dem Rücken der Bürger zu handeln rächt sich manchmal", kommentierte Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer der Initiative "Mehr Demokratie", die Entwicklung in Bochum. Sein Verein fordert obligatorische Bürgerentscheide über Finanzprojekte dieser Größenordnung. In der Schweiz habe man gute Erfahrungen damit gemacht, dass Bürger über Steuern, Abgaben und Kreditaufnahmen abstimmen können.

 

Mehr Informationen: <link finanzkrise>Finanzkrise und direkte Demokratie

Pressesprecher


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